Gunzenhausen (red). Das Totale Bamberger Cabaret machte Gunzenhausen unsicher! Oder: Am weißen Sonnenstrand von Dittenheim den Klimawandel genießen
TBC ist fränkisches Kulturgut! Schon seit mehr als 35 Jahren macht das Totale Bamberger Cabaret die Landesbühnen unsicher. Geboten wird eine anarchische Mischung aus Blödelei, Alltagskomik, Satire und bitterbösem Humor. Die Kabarettisten aus der heimlichen Welthauptstadt des Bieres schauen ganz genau hin und sezieren unseren Alltag in kleine, lustige Episoden. Gekonnt werden Politik, Gesellschaft und Co. aufs Korn genommen, dazu sorgt die fränkische Art dafür, dass dieses TBC nicht die Lunge, sondern das Zwerchfell frontal angreift. Vergangenen Samstag machte das Trio Gunzenhausen unsicher und rund 200 Zuschauer wollten sich das nicht entgehen lassen.
Trotz manchem Kotzewitz und inflationär eingesetzter fränkischer Vorurteilskeule ist die Tiefe der TBC-Inhalte das was überwiegt und das Ganze besonders macht. Klingt komisch, diese Diversität macht aber Spaß und lädt zum Entdecken ein. Hier steckt der Witz in vielen Details, die Sketche sind akribisch ausgearbeitet und funktionieren auf mehreren Ebenen. Wer Pipi-Kacka lustig findet, der hat ebenso was zu lachen, wie der anspruchsvolle Niveauwitzgenießer. Dieser scheinbare Widerspruch führt zu allerlei skurrilen Ideenexpositionen, die in verschiedenen Richtungen abzweigen. So kann die angetrunkene Britannia auf der Hauptebene einerseits ein vor sich hin tröpfelndes Betteltelefonat mit dem EU-Anrufbeantworter führen, andererseits aber auf einer Metaebene gleichzeitig einen erschreckenden Zustandsbericht über die Auswirkungen des Brexits geben. Beides funktioniert, beides findet sein Publikum, die Grenzen sind fließend.
Was die Gesellschaft bewegt, das bewegt die Künstler Georg Koeninger, Florian Hoffmann und Martin Hanns. Das Trio hält den Spiegel vor und verpackt Kritik in komische Szenen. Nicht Wenige bekommen ihr Fett weg, im aktuellen Programm u.a. die hilflos agierende Ampel-Regierung, Wutbürger im Osten, militante Klimaschützer oder Wolfs-Kritiker. Die gekonnte Mischung als Kalauern („Wenn du keine Kohle hast, musst du Wärme pumpen“), bis ins lächerlich-machend gehende Kritik am persönlichen Verhalten Einzelner (der im Falco-Style rappende „König Markus von Bayern“) und kleine, mehrfach ineinander verdrehte Alltagsratgebergeschichten aus Absurdistan („Der Bub mag kein Bier. Müssen sich die fränkischen Eltern Sorgen machen?“) ist einzigartig und höchsten mit dem niveauvollen Witz der Biermösl Blosn zu vergleichen.
Ein Highlight jagte das nächste, in Erinnerung werden die von Fussballkommentatoren begleitete Bundestagsdebatte, der Diether Krebs-Gedächtnis Polizeisketch mit Märchenfiguren, die RTL Samstag Nacht-Hommage („weder wangeleile noch nildungsbiveau“) und die musikalische Herbert Grönemeyer-Verarsche von „Flugzeuge im Bauch“ bleiben. Am Ende spielte dann auch noch das Bauernfreidorf Dittenheim eine größere Rolle. TBC thematisierte den Klimawandel und den damit verbundenen Anstieg der Weltmeere. Das Wasser frisst nicht nur die Niederlande auf, sondern rückt in dieser Geschichte bis zur Spitze des Gelben Bergs vor. Doch einfallsreich wie Franken nun mal sind, freuen sie sich dann künftig eben über die neu entstandene Insel und genießen den Klimawandel am weißen Sonnenstrand von Dittenheim.
Leider haben die Zuschauerinnen und Zuschauer keine Antwort auf die Frage bekommen, wie denn nun der Begriff „herrenloses Damenfahrrad“ gegendert werden kann. Oder war es vielleicht doch nur ein Cliffhanger für den nächsten TBC-Auftritt?
Informationen zum abwechslungsreichen Kulturprogramm in der Stadt Gunzenhausen erhalten Sie unter www.gunzenhausen.info.
Foto: Stadt Gunzenhausen/ Manuel Grosser