Aktion für mehr Nachwuchs – „Gaffen“ am 12.10. in Gunzenhausen ausdrücklich erlaubt!
Das steckt hinter den geheimnisvollen Plakaten in Gunzenhausen
Gunzenhausen (do). 125 Einsätze, die von den derzeit 87 aktiven Mitliedern, davon 14 Frauen, gemeinsam abgearbeitet werden konnten. Bis jetzt hat die Wehr die Hilfeleistung gewährleisten und ausscheidende Mitglieder kompensieren können. Doch die Belastung steigt und es wird in einer eher ehrenamtsmüden Gesellschaft immer schwieriger, neue Mitglieder zu finden. Grund für die Wehr, neue Wege zu gehen, um künftig noch besser aufgestellt. Die technische Ausstattung der Wehr ist sehr gut, doch für die künftigen Herausforderungen bedarf es mehr Einsatzkräfte.
Einige Wochen hingen in der Stadt geheimnisvolle Plakate mit der Aufschrift „xxxWIR.de“, die neugierig machen sollten. Bei einer Pressekonferenz wurde das Geheimnis gelüftet. Mit der gestarteten Kampagne soll die Wehr in der Stadt ins Gespräch gebracht werden. Jeder soll etwas davon mitbekommen und sich vielleicht abgesprochen fühlen, ober auch er oder sie seinen Teil beitragen kann. In den kommenden Wochen und Monaten sind verschiedene Veranstaltungen geplant, die deutlich machen sollen: Die Feuerwehr sucht neue Mitglieder, erklärt Philipp Paulus, von der Agentur „Weimer & Paulus“, die die Kampagne zusammen mit den Brandschützern entwickelt hat. „Die Aktionen sollen die Feuerwehr sichtbar und erlebbar machen“, erklärt er.
„Gaffen erlaubt“ heißt es am Samstag, 12. Oktober um 16.00 Uhr, auf dem Gunzenhäuser Marktplatz. Bei der großen Übung mit anschließender Verpflegung ist gaffen ausdrücklich erlaubt. Am Sonntag, 27. Oktober, während des Simon-Judäi-Marktes wird die Wehr mit einem Infostand auf die Kampagne aufmerksam machen. „AnfassBAR“ will sich die Gunzenhäuser Wehr am 16. November präsentieren. An diesem Tag kann in der Feuerwehrzentrale in Gunzenhausen Feuerwehrhandwerk ausprobiert werden. Ein Jahr lang sollen weitere Aktionen laufen. Zusätzlich sollen mit Flyern, einer Internetseite und einer Social-Media-Kampagne Vorurteile abgebaut werden.
Die Feuerwehr sei eine Pflichtaufgabe der Kommunen, führte Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz (CSU) aus. Dass dieser Dienst ehrenamtlich passiert, sei vielen nicht bewusst. Die Stadt unterstützte die Kampagne, die die Wehr in Auftrag gegeben habe. Findet die Wehr neue Mitglieder, bekommt jeder einen Paten. Zudem hat sich die Wehr als Dankeschön einige Aktionen ausgedacht.
Ausgangssituation
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Feuerwehr im Wandel ist und deshalb einen nicht unerheblichen Bedarf an weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern für den Einsatzdienst benötigt. Dies liegt zum einen an einem immer breiter werdenden Aufgabenspektrum. Die Zeit, in der die Feuerwehr ausschließlich zur Bekämpfung von Bränden zuständig war, ist längst vorbei. Fortschritte im vorbeugenden Brandschutz und technische Errungenschaften wie Rauchmelder sorgen heutzutage für weniger aktute Brände. Große Feuer wie zuletzt in Laubenzedel seien zum Glück eher die Ausnahme.
Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Feuerwehr hierdurch entlastet wird. Das Gegenteil ist der Fall. Technische Hilfeleistungen, vom Verkehrsunfall über Ölspuren bis hin zur Öffnung von Türen bei vermuteten medizinischen Notfällen beschäftigen die Feuerwehr zunehmend.
Aber auch gesellschaftliche Verpflichtungen für die Gemeinschaft beschäftigen die Feuerwehr. Verkehrsabsicherung für die Abholung des Kerwabaums, den Kirchweihumzug, verschiedene Laternenumzüge oder den Konfirmationsumzug: Die Feuerwehr unterstützt aus Überzeugung traditionelle Veranstaltungen.
Im Jahr 2023 hatte die Freiwillige Feuerwehr Gunzenhausen 125 Einsätze, die von der derzeit 87 aktiven Mitgliedern, davon 14 Frauen, gemeinsam abgearbeitet wurden. All das ehrenamtlich und kostenfrei für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Gunzenhausen.
Die Ausführungsverordnung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz sieht für eine Feuerwehr wie Gunzenhausen aufgrund der technischen Ausstattung und des Gefahrenpotentials jedoch eine Soll-Mannschaftsstärke von 153 Personen vor. Es besteht also durchgehend Bedarf an weiterem Feuerwehrpersonal.
Mit allen Anstrengungen haben verschiedene Teams der Feuerwehr für Nachwuchs und Zuwachs bei den Aktiven geworben. Tag der offenen Tür, Social Media, Anschreiben an Neubürger und einiges mehr. Leier hat dies nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Positiv ist, dass durch diese Aktionen zumindest der Bestand an Kameradinnen und Kameraden gesichert werden konnte.
Um für die Zukunft noch besser aufgestellt zu sein, braucht die Feuerwehr dringend mehr Einsatzkräfte. In Summe aller Umstände, der höher werden Belastung der einzelnen Mitglieder und des Wandels im Feuerwehrwesen, fiel der Entschluss, sich durch ein professionelles und erfahrenes Marketingbüro bei der Aufgabenstellung „Mitgliederwerbung“ unterstützen zu lassen. Das Büro Weimer & Paulus aus Dachau erhielt hierfür den Zuschlag. Unterstützt wird die Kampagne von der Stadt Gunzenhausen, die den finanziellen Einsatz zum Großteil abdeckt.
Die Freiwillige Feuerwehr Gunzenhausen hat eine sehr gute technische Ausstattung, für die die Stadt Gunzenhausen zuständig ist. Im Einzelfall müssen aber ausschließlich ehrenamtliche Mitglieder den Einsatzauftrag abarbeiten. Und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Egal ob Weihnachten, Silvester oder am Geburtstag eines Familienmitgliedes.
Vergessen darf man aber auch nicht, dass ein Teil der Mitglieder gar nicht in Gunzenhausen arbeitet und somit während der Arbeitszeit nicht für Einsatzkräfte zur Verfügung steht. Hinzu kommen private Abwesenheiten wie Urlaub oder auch Krankheit, nicht zuletzt familiäre Verpflichtungen, die eine Teilnahme am Einsatz unmöglich machen.
Eine Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger hat sich in den letzten Jahren seitens des Gesetzgebers ergeben. Die Hilfsfrist, die als Planungsgrundlage dient, hat sich durch eine neue Definition von zehn auf acht Minuten verkürzt. Innerhalb dieser acht Minuten fahren die Mitglieder zum Feuerwehrhaus, ziehen sich um, rücken aus und müssen noch innerhalb der Frist am Einsatzort sein. Je nach Einsatzörtlichkeit und Wohnort ist dies eine sportliche Vorgabe.
Die moderne Ausstattung und die große Einsatzzentrale im Süden der Stadt lassen viele Mitbürgerinnen und Mitbürger vermuten, dass es sich in Gunzenhausen um eine Berufsfeuerwehr handelt. Dies ist ein oft gehörtes Argument, warum man sich selbst noch nie Gedanken über den Beitritt zur Freiwilligen Feuerwehr gemacht hat, auch wenn die Freiwilligkeit bei jeder Gelegenheit betont wird. Dieses freiwillige Ehrenamt besteht in Gunzenhausen bereits seit der Gründung des Feuerwehrwesens im Jahr 1865. Zum Vergleich: Berufsfeuerwehren gibt es in Städten ab rund 100.000 Einwohner, wie beispielsweise München, Nürnberg und Fürth. Selbst Ansbach hat keine Berufsfeuerwehr.
Werbekampagne Feuer-WIR
Die Werbekampagne soll die Freiwillige Feuerwehr Gunzenhausen in der Stadt zum Gespräch machen. Jeder soll etwas davon mitbekommen uns sich überlegen, ob er seinen Teil beitragen will und kann.
Daher wurde die etwas provokative Vorphase mit den Werbebannern in der Stadt mit der Aufschrift xxx-wir.de initiiert. Diese wurde teilweise zum Stadtgespräch. Und in der Folge wird die Feuerwehr über verschiedene Kanäle und Mittel für Aufklärung sorgen.
Unter dem Motto „WIR für Gunzenhausen“ soll zum Ausdruck gebracht werden, dass im Fall der Fälle Nachbarn, Arbeitskollegen, Bekannten, Gästen sowie Mitbürgerinnen und Mitbürgern geholfen werden kann. Denn jeder kann zu jeder Zeit unvermittelt in eine Notlage geraten.
Ieses WIR steht für eine Mannschaft aus Kameradinnen und Kameraden aus verschiedenen Altersgruppen, verschiedenen Berufen und verschiedenen Charakteren. Wirklich jeder kann Teil dieses !“WIR“ werden, keiner braucht sich fürchten vor der Technik, der Ausbildung oder den Einsätzen.
Nach einer praktischen und theoretischen Grundausbildung, die vor Ort durchgeführt wird, darf und kann jeder sich in den Einsatzdienst einbringen. Auch WIR haben mal alle als „Neulinge“ angefangen und sich jetzt froh, Teil der Mannschaft zu sein.
Neben Jugendlichen für die Jugendfeuerwehr liegt das Hauptaugenmerk im Rahmen der Feuer-WIR-Kampagne auch auf Quereinsteigern. Feuerwehrdienst kann derzeit bis zum 65. Lebensjahr geleistet werden. Ein Quereinstieg ist also auch mit 40 oder 50 nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erwünscht. Auch Vorkenntnisse sind nicht notwendig.
Die vorstehenden Argumente werden bei einigen Veranstaltungen und Marketingmaßnahmen in den nächsten zwölf Monaten verstärkt vermittelt.
WIR für Gunzenhausener
Um die Mitgliedergewinnung spannend zu machen, wurde gemeinsam mit dem Marketingbüro eine Challenge ausgearbeitet. Je nach Anzahl neuer Mitglieder soll den Bürgern der Stadt etwas zurückgegeben werden.
Bei neun neuen Mitgliedern (ein Feuerwehrauto voll) wäscht Bürgermeister Karl-Heinz Fitz gemeinsam mit der Wehr Ihr Auto.
Bei 15 neuen Mitgliedern darf man gespannt sein. Die Wehr hält alle Interessierten auf der Kampagnen-Webseite auf dem Laufenden.
Bereits geplante Aktionen
Am Samstag, 12. Oktober, wird um 16.00 Uhr am Marktplatz eine große praktische Übung abgehalten. Im Rahmen der Übung soll gezeigt werden, was die Feuerwehr bei einem Brand macht. Die Aktiven stehen auch rund um die Übung für Fragen zur Verfügung. Im Anschluss ist für eine kleine Verpflegung gesorgt, um den Austausch angenehmer zu gestalten.
Am Sonntag, 27. Oktober, wird sich die Feuerwehr mit Schutzausrüstung am Simon- und Judäimarkt präsentieren.
Am Samstag, 16. November, will sich die Feuerwehr AnfassBAR machen. Am Nachmittag wird in der Feuerwehrzentrale im Hollerfeld ein Mitmach-Parcour für Jung und Alt aufgebaut. Jeder kann selbst das Feuerwerkhandwerk ausprobieren und testen. Abgerundet wird die Veranstaltung, die bis in den späten Abend geht, durch Essen, Trinken und eine Bar.
Auch am Weihnachtsmarkt in Gunzenhausen will die Wehr präsent sein mit einer ungewöhnlichen Art von Lotterie.
Jeder kann unter www.feuer-wir.de informieren oder einfach auch per WhatsApp unter 0174 600 5065 oder über die sozialen Medien mit der Gunzenhäuser Wehr in Kontakt treten.
Voraussetzung und Ausbildung für die Wehr
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, auch kein Brandmeister. Am Anfang standen alle Feuerwehrdienstleistende bei „0“. Und das ist auch der Grund, warum niemand Angst haben muss, Teil des Teams zu werden.
Man braucht etwas Zeit und Engagement und im Einsatzfall auch etwas Spontanität. Zusätzlich muss man in Gunzenhausen wohnen oder arbeiten. Aktiver Dienst kann ab 16 Jahren geleistet werden. Ab 12 Jahren kann man schon in die Jugendfeuerwehr eintreten. Derzeit liegt die Höchstaltersgrenze bei 65 Jahre.
Auch wenn man meinen könnte, dass der normale Einstieg in die Feuerwehr nur über die Jugendfeuerwehr geht, so kann ganz deutlich gesagt werden: Quereinsteiger sind ausdrücklich erwünscht. Man kann auch mit 45 Jahren ohne Vorerfahrung noch 20 Jahre guten und wertvollen Einsatzdienst leisten.
Jede Einsatzkraft muss eine Grundausbildung absolvieren. Diese besteht aus Lehrgängen auf Landkreisebene und Übungen und Ausbildungen bei der Feuerwehr-Dienstalter
Die Grundausbildung (sogenannte MTA-Ausbildung) befähigt zur Einsatzteilnahme. Sie umfasst sieben Abend- und zwei Samstagsausbildungen innerhalb von zwei Wochen. Nach diesem Lehrgang darf man bereits mit zum Einsatz. Im weiteren Verlauf folgen weitere Lehrgänge, wie Funkausbildung oder Atemschutzgeräteträger-Ausbildung. Auch im Bereich der Führungslehrgänge stehen alle Wege offen. Nach der Grundausbildung erfolgt die Weiterbildung zeitlich auch unter Beachtung privater oder beruflicher Belange und persönlichem Interesse.
Im Übrigen ist die Feuerwehr ein sehr sparsames Hobby. Die Teilnahme an den Lehrgängen kostet nichts. Auch die persönliche Schutzkleidung wird zu 100 Prozent gestellt. Und es gibt keine monatlichen oder jährlichen Mitgliedsbeiträge.
Bei Einsätzen während der Arbeitszeit wird man dank des Bayerischen Feuerwehrgesetzes von der Arbeitsleistung freigestellt, so dass man ohne Einbußen bei Lohn und Gehalt Feuerwehrdienst leisten kann. Der Arbeitgeber kann das weiter bezahlte Entgelt bei der Gemeinde wieder einfordern.
Bildunterschrift: Im Feuerwehrhaus Gunzenhausen wurde das Geheimnis gelüftet und die Kampagne der Wehr vorgestellt. Foto: Brigitte Dorr