Eichstätt (red). Artensterben, Boden- und Wasserbelastung, Klimaextreme, Tierhaltungsskandale auf der einen Seite, hohe Betriebskosten, niedrige Erzeugerpreise und Höfesterben auf der anderen Seite – die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme für die Landwirtschaft nehmen dramatisch zu. Vor diesem Hintergrund haben sich im vergangenen Jahr eine Vortragsreihe und eine Tagung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) mit dem Thema „Zukunftsfähige Landwirtschaft: Herausforderungen und nachhaltige Wege“ beschäftigt. Ein jetzt erschienener Tagungsband bündelt nun die Beiträge von Vortragsreihe und Tagung, die vom Nachhaltigkeitsteam der KU, dem Fach Geographie, dem Umweltreferat des Studentischen Konvents in Kooperation mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Bayern (BUND) ausgerichtet wurden.

„Die nachhaltige Gestaltung von Landwirtschaft ist auch ein Jahr nach unserer Tagung brandaktuell. Es macht Mut und ist ein Erfolg, dass die Veranstaltungen auf große Resonanz stießen – auch aus der regionalen Landwirtschaft“, sagte Prof. Dr. Ingrid Hemmer bei der Präsentation des Bandes, bei dem sich auch einige der Beitragenden zur aktuellen Situation des Agrarbereichs äußerten. Hemmer ist Professorin für Didaktik der Geographie und Nachhaltigkeitsbeauftragte der KU. Sie griff von Prof. Dr. Hubert Weiger (Ehrenvorsitzender des BUND Deutschland) die Initiative dafür auf, speziell Fragen von nachhaltiger Landwirtschaft an der KU zu thematisieren. „Landwirtschaft ist von zentraler Bedeutung für unser Leben und Überleben. Die Grenzen des Wachstums sind spürbar und nicht nur die Landwirtschaft ist gefordert, sondern auch die Politik sowie die Konsumentinnen und Konsumenten“, betonte Weiger, der auch zum Herausgeberkreis des Bandes gehört. Die Publikation verstehe sich als ein „Aufruf an die Gesellschaft zur Umkehr“.

Zu den Autorinnen und Autoren des Bandes gehört unter anderem auch Josef Wetzstein (Landesvorsitzender des Bio-Anbauverbandes Bioland in Bayern). Er schilderte bei der Präsentation, dass der Beitrag von ökologischem Landbau nur dann anwachsen könne, wenn auch ein Umdenken im Konsum erfolgen würde. Darüber hinaus verdiene das Umfeld der Branche nach wie vor viel Geld mit konventionellem Landbau – von der Chemieindustrie bis zum Handel. Anknüpfend daran schilderte Prof. Dr. Dr. h.c. Alois Heißenhuber (früherer Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftslehre des Landbaues an der TU München), dass die Landwirtschaft rückblickend den Empfehlungen gefolgt sei, die sie von der Wissenschaft erhalten habe: „Landwirtschaft ist in eine Entwicklung hineingedrängt worden, für die sie nun in der Kritik steht.“ Aus Sicht von Biolandwirt Stephan Kreppold wiederum beschränke sich die aktuelle Diskussion nicht auf Kritik an den Landwirten, sondern richte sich an das System Landwirtschaft insgesamt. In diesem Zusammenhang unterstrich Dr. Rupert Ebner (Umweltreferent der Stadt Ingolstadt und selbst Veterinär), dass vor allem der massenhafte Einsatz von Antibiotika und die damit verbundene Bildung von Resistenzen ein radikaler Einschnitt für die Landwirtschaft gewesen sei: „Antibiotika sind zum Produktionsmittel geworden, während die gesamte moderne Medizin von Antibiotika abhängig ist.“ Daher müssten Haltung, Fütterung und Züchtung komplett anders gestaltet werden, damit die Verabreichung von Antibiotika nicht mehr die Regel, sondern wieder die Ausnahme sei.

Über 20 Autorinnen und Autoren sind mit ihren Beiträgen im Tagungsband vertreten. Dabei reicht das Spektrum der Fachgebiete von Agrarwissenschaft, Biologie und Geographie bis hin zu Meteorologie und Tiermedizin. Die Beiträge gehen sowohl auf die Herausforderungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft ein als auch auf nationale und globale Perspektiven. Zudem wird thematisiert, welche Rolle das Thema Landwirtschaft im Bildungsbereich spielt – etwa bezogen auf die bayerischen Lehrpläne. Darüber hinaus dokumentiert die Publikation eine Diskussionsrunde, die bei der Tagung die Standpunkte der verschiedenen Akteursgruppen aufzeigte – vom Bauernverband und Nichtregierungsorganisationen über Politik und Kirche bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Den Abschluss des Bandes bilden Handlungsempfehlungen für Landwirtschaft, Politik und die Konsumentinnen und Konsumenten, die sich aus Vortragsreihe und Tagung ableiten lassen.

Bildunterschrift: (v.l.) Biolandwirt Stephan Kreppold, Prof. Dr. Ingrid Hemmer (Professorin für Didaktik der Geographie und Nachhaltigkeitsbeauftragte der KU), der Biologe Prof. Dr. Jörg Hemmer (Universität Ulm), Ina Limmer (Assistentin der Nachhaltigkeitsbeauftragten), Dr. Rupert Ebner (Umweltreferent der Stadt Ingolstadt), Prof. Dr. Dr. h.c. Alois Heißenhuber (Früherer Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftslehre des Landbaues an der TU München) und der BUND-Ehrenvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger präsentierten den jetzt erschienenen Band zu Herausforderungen und Lösungsansätzen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Foto: Schulte Strathaus/upd

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