Heiterer Abschluss der Gunzenhäuser Theatersaison 2022/2023 – Willkommen im Hotel Mama

Gunzenhausen (red). „Ne pas y aller par quatre chemins“ rät ein beliebtes französisches Sprichwort, und in der Tat sollten manche Dinge besser sofort an- und ausgesprochen werden. Sonst kreist es sich nicht nur um den bekanntlichen heißen Brei, sondern Beziehungen können schon mal zur Belastungsprobe werden, insbesondere in der eigenen Familie. Um Tücken der Kommunikation und die ein oder andere daraus resultierende Krise ging es in der heiteren französischen Komödie „Willkommen im Hotel Mama“, die am letzten Sonntag in der Gunzenhäuser Stadthalle gezeigt wurde. Das Stück von Éric Lavaine und Héctor Cabello Reyes war gelungener Abschluss der 46. Theatersaison.

Papa ist noch kein Jahr tot, doch die 70-jährige Mama Jacqueline (Kerstin Fernström) erlebt mit Nachbar Jean (Ralf Weikinger) den zweiten Frühling. Den drei Kindern will sie die Affäre bei einem gemeinsamen Abendessen beichten – keine gute Idee, denn Stephanie (Anja Klawun), Carole (Eva Wittenzeller) und Nicolas (Johannes Schön) haben einen großen Rucksack voller eigener Probleme mitgebracht. So ist Stephanie antriebs-, arbeits- und mittellos, bei „maman“ im Hotel Mama hat sie Zuflucht gefunden. Dagegen kommt Angeber und Playboy Nicolas nur selten nach Hause und wenn er mal vorbeischaut, dann bringt er seiner Mama keine Liebe, sondern höchstens einen großen Sack dreckiger Wäsche mit. Und Carole? Die ist von ihrem Mann (Andreas Hertel) genervt und auf die Geschwister eifersüchtig. Die Stimmung ist dementsprechend aufgeladen und Mamas Beichtversuche werden als geistige Umnachtung abgetan. Dann platzt der vitalen Seniorin der Kragen…

„Willkommen im Hotel Mama“ ist eine kurzweilige Geschichte und eine echte französische Komödie. Angefangen beim Bühnenbild, das die Wohnung Jacquelines zeigt und durch Detailreichtum begeistert. So ist die Einrichtung antiquiert und „typisch Oma“, inklusive Lampen mit Fransenschirm, rosa Plüschkissen und hässlichem Blümchensofa. Aus den Lautsprechern ertönt jedoch stimmungsvoll „Born to be wild“ von Steppenwolf und auf dem Tisch liegt – für alle Fälle – ein Scrabble-Spiel. Über allem thront eine skurrile Uhr in Katzenform, die im Laufe der Handlung immer weiter vorgestellt wird und den Fortschritt der Handlung zeigt.

Die Charaktere sind herrlich überzogen und entsprechen so gar nicht gesellschaftlichen Normen. Wo sich andere Stücke jedoch in Stereotypen verlieren, bleibt die Familie Mazerin trotz Krise charmant und das Verhalten trotz mancher Überspitzung nachvollziehbar. Auf diese Weise bauen die am vergangenen Sonntag bestens gelaunten Schauspielerinnen und Schauspieler – die nebenbei wunderbar miteinander harmonierten – eine emotionale Nähe zum Publikum auf, die sich mit dem Happy End in großer Glückseligkeit auflöste.

„Willkommen im Hotel Mama“ bedient sich mehrerer Narrativebenen und zitiert an diversen Stellen das Medium des Films. Zeit bleibt relativ und so führt ein Gespräch zwischen Mama Jacqueline und Nachbar Jean zum vollständigen Stillstand anderer Figuren. Diese frieren quasi ein und erwachen erst dann wieder zum Leben, als das Gespräch zwischen den beiden ein Ende findet. Eine nette Idee und Zeichen, dass auch klassisches Theater durchaus für moderne, dramaturgische Elemente offen sein kann. Spielerisches Highlight des Theaterabends war sicherlich die „Fernsehszene“, die einmal quer durch den Stadthallensaal für großes Gelächter sorgte. Mutter Jacqueline und Tochter Stephanie sitzen auf der Couch und schauen sich eine frivole Telenovela an. Um den Inhalt der Show zu metaphorisieren tanzen die kurzerhand als Trash TV-Pärchen verkleideten Schauspieler Eva Wittenzeller im Negligé und Andreas Hertel mit Sonnenbrille und offenem Hemd an den Bühnenrändern lasziv und in Zeitlupe zu schwülstigen Tönen. Unmöglich, hier ernst zu bleiben.

Das Stück „Willkommen im Hotel Mama“ war der Abschluss der 46. Gunzenhäuser Theater-Spielzeit statt. Die neue Saison startet am 14. Oktober 2023 mit der Komödie „Nein zum Geld!“. Nähere Informationen erhalten Sie über das städtische Kulturamt unter Tel. 09831/508 109 oder unter kulturamt@gunzenhausen.de.

Foto: Stadt Gunzenhausen

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