Eichstätt (red). „Wir hatten zu einem Höhenflug angesetzt, Pilgerreisen boomten und jetzt kommt der jähe Absturz: Wir müssen eine Reise nach der anderen absagen“. Das, was Domkapitular Reinhard Kürzinger als Leiter der Wallfahrts- und Tourismuspastoral der Diözese Eichstätt derzeit in seinem Tätigkeitsfeld erlebt, trifft auf eine ganze Branche zu: Corona verändert die Reisewelt, auch das christliche Pilgerwesen. Große Wallfahrtsorte sind verwaist, das „Pilgern daheim“ rückt verstärkt in den Fokus. Dafür bieten sich im Bistum Eichstätt mit seinen Wallfahrtsstätten viele Möglichkeiten.

Ein zentraler Pilgerweg in der Diözese Eichstätt ist der Wallfahrerweg im Naturpark Altmühltal. Ausgehend von Eichstätt verbindet er auf der einen Seite die Bischofsstadt mit dem Heiligtum „Maria Brünnlein“ in Wemding. In die andere Richtung führt der Weg über bedeutende Klöster wie Plankstetten und Dietfurt zur weniger bekannten Wallfahrt nach Breitenbrunn. Insgesamt erstreckt sich der Wallfahrerweg über 130 Kilometer. Zeugnisse des gelebten Glaubens begegnen den Pilgern und Wanderern: von einem Bildstock im Wald und einem jahrhundertealten Kreuzweg über liebevoll gepflegte Lourdes-Grotten und eine einsame Ruinenkirche bis hin zu geschichtsreichen Wallfahrtskirchen.

Eichstätt im Altmühltal und Heidenheim am Hahnenkamm verbindet der Ökumenische Pilgerwanderweg, der zu den geistlichen Wurzeln des Bistums führt. Wegbegleiter sind die vier südenglischen Missionare Willibald, Wunibald, Walburga und Sola, nach denen je eine Etappe benannt ist. Sie brachten im 8. Jahrhundert den christlichen Glauben in die Region. Auf etwa 51 Kilometern können Gottsuchende und Naturverbundene ihren Spuren zwischen Eichstätter Dom und dem ehemaligen Kloster der Benediktiner in Heidenheim folgen. Der Weg führt durch das Schambachtal, vorbei an der Gunthildis-Kapelle, die aufgrund ihrer Architektur auch „Schneckenhaus Gottes“ genannt wird.

Die Muschel ist das Erkennungszeichen des Jakobswegenetzes, von dem auch einige Etappen durch das Bistum Eichstätt führen. Die Jakobswege von Nürnberg nach Eichstätt sowie von Nürnberg nach Gunzenhausen rahmen das Fränkische Seenland ein. Zusammen mit dem Ökumenischen Pilgerwanderweg bilden sie ein „Pilgerdreieck“. Stationen unterwegs sind unter anderem Allersberg, Hilpoltstein und Thalmässing.

Wallfahrtsorte im Bistum

Beten mit den Füßen – so wird Pilgern oft umschrieben. Dafür ist kein fester Ort nötig und auch kein Weg vorgeschrieben. Dennoch reihen sich an die Hauptpilgerrouten im Bistum einige Orte mit besonderer religiöser Bedeutung, die als solche auch heute noch beliebte Wallfahrtsziele sind. Andere Wallfahrtstätten liegen abseits, aber allen ist eines gemein: Sie eignen sich gut für Tagesauflüge, allein, als Familie oder kleine Gruppe. Jeder Pilger oder Wanderer kann sich so auf seinen Weg einlassen, Ausgangspunkt und Ziel nach seiner persönlichen Mobilität und Vorliebe wählen.

An mehreren Wallfahrtsorten wird die Mutter Gottes besonders verehrt, wie zum Beispiel in Buchenhüll, Freystadt, Eichstätt (Frauenbergkapelle), Großlellenfeld, Habsberg, Ingolstadt (Liebfrauenmünster), Lengenbach, Neumarkt (Mariahilf-Berg), Trautmannshofen und Wemding.

An weiteren Wallfahrtsorten im Bistum erfahren bestimmte Heilige eine besondere Verehrung. So ist es in der Klosterkirche Marienburg in Abenberg die selige Stilla, in Breitenbrunn der hl. Sebastian. Zum Bistumspatron Willibald pilgern seit Jahrhunderten Menschen an sein Grab im Dom zu Eichstätt. Ihre Bitten und Gebete zu der heiligen Walburga verrichten viele Pilger in der Klosterkirche St. Walburg in Eichstätt sowie in der Pfarrkirche in Monheim. Am Möninger Berg werden die 14 Nothelfer besonders verehrt, in Erkertshofen der hl. Antonius, in Mettendorf die hl. Anna. Die Sebalduswallfahrt der Jugend führt zur Altenfurter Kapelle in Nürnberg, in Suffersheim findet die ökumenische Wallfahrt zur hl. Gunthildis statt.

Besonders der Christusverehrung sind die Heilig-Kreuz-Kirchen in Bergen und Schambach sowie die Wallfahrtsstätte Herz-Jesu-Berg in Velburg gewidmet.

Tagespilgern: Wandern für die Seele

Manche der heimischen Wallfahrtsorte bieten bereits nach kurzen, leichten Wanderungen weite Blicke in die Umgebung und sind schon deshalb einen Besuch wert. „Pilgern ist ein zweifaches Gehwerk: Gehen durch eine Landschaft sowie Zurücklegen einer Strecke und ein In-sich-gehen und Auseinandersetzen mit dem Seelenleben“, erklärt Kürzinger. Das gelinge alleine besser. „Die Stille ist Balsam für die Seele. In der Gruppe ist die Ablenkung zunächst stark. Erst mit der Zeit entsteht ein tieferer Austausch“, berichtet er aus seiner Erfahrung als langjähriger geistlicher Leiter von Pilgerreisen.

Wallfahrtsstätten gelten seit jeher als Zufluchtsorte für Menschen in Not und Gefahr. „Und gerade das verhindert der Corona-Virus“, sagt Kürzinger. Das Pilgern im Ausland während der Pandemie sei nur sehr eingeschränkt möglich. „In Spanien ist zum Beispiel Pilgern mit Maske vorgeschrieben. Die Herbergen an den Jakobswegen sind nur teilweise geöffnet und müssen sich an die Hygienevorschriften halten“. Deshalb schlägt Kürzinger Tagespilgern mit Übernachtung zu Hause vor. „Entdecken Sie Wallfahrtsorte für sich. Es gibt tolle Pilgerrouten für das Tagespilgern auch hier im Bistum Eichstätt“, rät er den Pilgern. Eine weitere Möglichkeit bietet das Samstagspilgern, das die Diözese seit August wieder veranstaltet. Hierbei können kleine Gruppen gemeinsam mit Pilgerbegleitern wandern, die Landschaft genießen und Interessantes über Kirche und Brauchtum erfahren.

Reisen zu den großen Pilgerstätten der Christenheit sind momentan kaum planbar. Im französischen Heiligtum Lourdes ist zwar der Besuch Einzelner oder kleiner Gruppen bereits möglich. In Rom aber bleibt der Petersplatz fast leer. Gottesdienste aus den großen Wallfahrtsorten können immerhin im Internet verfolgt werden, so Kürzinger. „Normalerweise reisen wir an ferne Wallfahrtsziele oder pilgern zu Fuß an Orte wie Altötting. Diesmal ist es umgekehrt: Die Gottes Mutter kommt zu uns ins Wohnzimmer, die Schwarze Madonna grüßt vom Bildschirm“.

Wie es künftig mit den Pilgerreisen weitergehen soll, stehe noch in den Sternen. Prognosen für das kommende Jahr möchte Kürzinger nicht wagen. „Wir wissen nicht, welche Grenzen geöffnet sein werden und welche Länder wir bereisen können“. Für Menschen, die beim Pilgern zu sich selbst und zu Gott finden wollen, stünden aber weiterhin viele Wege offen. „Tagespilgern kann vor der Haustür beginnen“.

Bildunterschrift: Der Mariahilf-Berg in Neumarkt ist eine der zahlreichen Wallfahrtsstätten im Bistum Eichstätt. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

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