Ist ein Kraut gegen die Blaualgen in den Speicherseen gewachsen?

Muhr am See (red) Wie entwickelt sich die Wasserqualität der Speicherseen im Fränkischen Seenland in Zeiten des Klimawandels? Dies war die Grundfrage, die in der Fachtagung zur Entwicklung der Altmühlseeregion im Mittelpunkt stand. Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hatte hierzu Vertreter der Politik, der Fachverwaltungen, Universitäten und Betroffene zu einer Fachtagung am 17. Januar 2025 nach Muhr am See in das Altmühlsee-Informationszentrum (AIZ) eingeladen.

Auslöser für Algenwachstum ist ein Zuviel an Nährstoffen, die in den See gelangen. Überlagert wird dies seit einigen Jahren durch die Auswirkungen des Klimawandels, wie längere und wärmere Trockenphasen. Diese verschärfen die Problematik v. a. bei Seen, ein-schließlich des Altmühlsees, bei dem im vergangenen Jahr ein massives Aufkommen von Blaualgen zu verzeichnen war. Bereits in den Jahren 2009 und 2010 wurden vom damaligen Umweltminister Dr. Markus Söder Seenlandkonferenzen einberufen und intensiv an einer Verbesserung der Situation am und um den Altmühlsee gearbeitet. Nun war es unter dem Eindruck des Klimawandels erforderlich, die bisherigen Anstrengungen zu reflektieren und neue, interdisziplinäre Ansätze zu entwickeln, die die Region – neben seiner wasserwirtschaftlichen Funktion – weiter zukunftsfähig machen.

Wasserwirtschaft, Jagd, Fischerei, Kommunen und Tourismus haben sich vor 15 Jahren auf einen Maßnahmenplan zur Bekämpfung der Blaualgenproblematik verständigt. Vieles wurde seitdem realisiert. Seitens der Wasserwirtschaft wurden die damals beschlossenen Maßnahmen umgesetzt. Sowohl im Oberlauf des Sees um die zufließende Nährstofffracht zu reduzieren aber auch im See, um die Wasserqualität zu verbessern:

– So haben die betroffenen Kommunen im Oberlauf des Atmühlsees mit Unterstützung des Freistaats Bayern Kläranlagen nachgerüstet, umgebaut oder an leistungsfähigere Kläranlagen angeschlossen. Durch diesen Kraftakt gelangen nun rund vier Tonnen Phosphor pro Jahr weniger in die Altmühl.

– Die ökologische Umgestaltung der Altmühl oberhalb des Sees schreitet voran. Naturnahe Ufer mit ausreichend Beschattung verbessern den Lebensraum, kühlen das Gewässer ab und reduzieren den Eintrag von Nährstoffen aus den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen.

– Durch die jährliche Entnahme von Sedimenten aus dem See wird der interne Nährstoffpool reduziert. Bislang wurden dem See rund 90 Tausend Kubikmeter Schlamm entnommen.

– Über 440 Tonnen Friedfische wurden seit 2002 durch Sanierungsbefischungen entnom-men. Ein ausgewogener Fischbestand ermöglicht das Aufkommen von Zooplankton. Dieses wiederum dezimiert die Algen.

– Wasserpflanzen wurden durch das Wasserwirtschaftsamt eingebracht und haben sich zwischenzeitlich auch natürlich im Altmühlsee etabliert. Diese entnehmen Nährstoffe aus dem Wasser und entziehen den Algen so die Nahrungsgrundlage. Klares Wasser gibt es nur mit einer hohen Wasserpflanzendichte. Somit wäre ein Kraut gegen die Algenplage gewachsen, allerdings wäre ein deutlich größerer Bedeckungsgrad im See erforderlich.

All dies führte zu einer Verbesserung der Situation. Die Sichttiefe nahm stetig zu, die Algendichte nahm ab und Wasserpflanzen kamen auf.

Aber: Höhere Jahresdurchschnittstemperaturen und mildere Frühjahre machen sich vor allem bei Seen bemerkbar. Blaualgen bekommen so durch den Klimawandel immer bessere Wachstumsbedingungen und setzen sich gegenüber „normalen“ Algen durch. Dies belegen weltweit verstärkt aufkommende Blaualgenvorkommen. Diese langsam fortschreitende Entwicklung konterkariert die erzielten Verbesserungen auch am Altmühlsee. Die neue Situation erfordert neue Lösungsansätze. Aber auch bereits bekannte Aspekte, wie ein Übermaß an Wasservögeln oder Fischen stellen nach wie vor ein Problem dar. Die zur Verbesserung der Sichttiefe dringend nötigen Wasserpflanzen werden durch Wasservögel und Fische dezimiert.

Prof. Dr. Peiffer der Universität Bayreuth und Prof. Dr. Geist von der TU München haben sich intensiv mit der Situation am Altmühlsee beschäftigt und dem Gremium die Grundlage für mögliche Abhilfemaßnahmen dargelegt. Unabdingbar ist die weitere Reduktion der Nährstoffe aus dem Einzugsgebiet des Altmühlsees. Neu und prekär ist die Tatsache, dass die rund 800 Tausend Kubikmeter Sedimente im See mehr Probleme bereiten, als bislang angenommen. Einerseits wandern diese langsam in Richtung Großer Brombachsee und andererseits führt die höhere Wassertemperatur zu einer erhöhten Rücklösung der Nährstoffe in den See. Blaualgen sind ein Gewinner des Klimawandels.

Neben eher mittel- und langfristigen Lösungsansätzen zur Reduktion der Nährstoffe wurden auch kurzfristige Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation besprochen. Ebenso wurden Optionen aus den Bereichen der Jagd, Fischerei und Tourismus diskutiert. Bis zu einer Folgetagung im Sommer ist jeder gehalten, die Vorschläge intern bezüglich deren Realisierbarkeit zu prüfen. „Wichtig waren mir heute drei Aspekte“ so Thomas Keller, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach: „erstens, dass wir uns heute gemeinsam die Zeit nehmen, um zweitens die komplexen Zusammenhänge fachlich fundiert zu diskutieren und dann drittens – jeder für seinen Bereich – die Dinge anpackt!“

Der Altmühlsee ist Bestandteil des Überleitungssystems Donau-Main und wurde bereits 1985 in Betrieb genommen. Altmühlhochwasser wird bei Ornbau dem Altmühlsee zugeführt und entlastet so das mittlere Altmühltal. Das Wasser wird dann vom Altmühlsee über den Altmühlüberleiter in den Kleinen Brombachsee und letztendlich in den Großen Brombachsee geleitet. Dort wird es zwischengespeichert und vor allem in Trockenzeiten zur Erhöhung der Abflüsse in das Rednitz-Regnitz-Main-Gebiet abgegeben. Diese Niedrigwasseraufhöhung, der Hochwasserschutz aber auch die Freizeit- und Erholungsnutzung waren Grundlage für den Landtagsbeschluss aus dem Jahr 1970 zum Bau des Fränkischen Seenlandes. Das größte Wassermanagementsystem Bayerns hilft einerseits den betroffenen Flüssen Nordbayerns in Zeiten des Klimawandels mit Zusatzwasser aus – ist aber anderseits selbst von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Eine tragbare Lösung des Problems für die Altmühlseeregion kann nur gesamtgesellschaftlich getroffen werden. Diese Optionen auszuloten war Ziel der Fachtagung.

 

Foto: Jessica Frank

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