Abschlussbericht des demenzsensiblen Modellprojekts „Ein Lied für Dich“

Unterpleichfeld (red). Ein Auto fährt auf den Parkplatz der Musikakademie Hammelburg. Ein älterer Herr steigt aus und hilft seiner Frau aus dem Auto. Sie sitzt im Rollstuhl. Der Herr nimmt einen Kamm aus der Tasche und ordnet liebevoll die Haare seiner Frau. Denn es ist kein Tag wie jeder andere. Für heute haben sich die beiden etwas Besonderes vorgenommen: Sie gehen – wie in früheren Zeiten – ins Konzert.

Unter dem Titel „Ein Lied für Dich“ führte der Nordbayerische Musikbund e.V. (NBMB) im Jahr 2024 insgesamt sieben Konzerte für Menschen mit und ohne Demenz sowie ihre Pflegenden und Angehörigen durch. „Ein Lied für Dich“ ist ein Modellprojekt für demenzsensibles Musizieren und wurde im Rahmen des Förderprogramms „Länger fit durch Musik“ des Bundesmusikverband Chor und Orchester ausgewählt und durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Musikverband engagiert sich für Menschen mit Demenz

Der NBMB ist ein Laienmusikverband und hat seit 2018 eine eigene Koordinierungsstelle für Inklusion und Seniorenarbeit, die durch den Bezirk Unterfranken finanziell unterstützt wird. Dem NBMB ist es ein großes Anliegen, kulturelle Teilhabemöglichkeiten auch für Menschen mit Demenz zu schaffen. Durch Musik können Menschen mit Demenz noch lange angesprochen und ihre Lebensqualität verbessert werden. Deswegen wurde für 2024 das Projekt „Ein Lied für Dich“ initiiert, um konkrete musikalische Angebote für die Zielgruppe zu schaffen und nachhaltige Strukturen aufzubauen. Die Konzerte wurden sowohl in Pflegeeinrichtungen wie auch in großen Konzertsälen durchgeführt, um für die Zielgruppe gut erreichbare Angebote aber auch besondere Erlebnisse zu ermöglichen.

Musikalische Laien schenken Musik

Ein wichtiger Baustein des Projekts war die Beteiligung von ehrenamtlichen Laienmusikerinnen und -musikern. Unter Anleitung der Musiktherapeutin Dr. Laura Blauth (Technische Hochschule Würzburg/Schweinfurt) und der angehenden Musiktherapeutin Isabell Liebler erfuhren die Ehrenamtlichen, worauf es bei der Gestaltung von Konzerten für Menschen mit Demenz ankommt, und konnten sich selbst mit eigenen Ideen und musikalischen Beiträgen einbringen. Die Akteure erstellten gemeinsam Konzertprogramme mit ansprechender Moderation. „Am Anfang war es besonders wichtig, alle dafür zu sensibilisieren, möglichst im Moment zu sein und flexibel auf die Menschen im Zuschauerraum einzugehen. Aber ich habe gemerkt, dass alle Ehrenamtlichen ganz offen dafür waren. Und das hat richtig viel Spaß gemacht“, berichtet Laura Blauth. Die Beteiligten stellten sich ganz neuen Herausforderungen und konnten im Projekt notwendiges Wissen sowie hilfreiche Materialien und einen Erfahrungsschatz erlangen, damit sie zukünftig eigenständig musikalische Angebote für Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Demenz durchführen können.

Von der Interkation lebt das Konzert

Doch wie kann man sich so ein Konzert für Menschen mit Demenz vorstellen? Mittels Methoden aus der Musiktherapie, der Elementaren Musikpädagogik sowie der Musikgeragogik wurden die Konzerte möglichst interaktiv gestaltet. Das Publikum wurde eingeladen, mitzumachen. Gemeinsam wurden Lieder gesungen, Instrumente verteilt und mitgespielt oder das Publikum wurde zu Bewegungen animiert. Entspannungsreisen, instrumentale Vorträge und thematisch passende Dekorationen, Gegenstände oder Düfte sorgten dafür, dass möglichst viele Sinne angesprochen wurden. „Alle waren begeistert, mitmachen zu können, ein Teil des Ganzen zu sein. Es wird unglaublich wertgeschätzt und dankbar angenommen. Und die Leute sind froh, dass es solche musikalischen Angebote gibt“, meldet Andrea Dehler vom AWO-Seniorenzentrum in Würzburg zurück.

Live-Streaming zum Welt-Alzheimer-Tag

Damit möglichst viele Menschen von dem Projekt erfuhren und dabei teilhaben konnten, wurde anlässlich des Welt-Alzheimer-Tags am 21. September 2024 ein Streaming-Konzert durchgeführt: Über Youtube konnten Pflegeeinrichtungen wie auch Privatpersonen live eines der Konzerte von zu Hause aus miterleben und selbst mitmachen. Zwar gab es während der Übertragung leider kleine technische Probleme, doch die Aufzeichnung des Konzerts wurde im Nachhinein zur Verfügung gestellt, sodass sich Interessierte in den kommenden Monaten das Konzert unter dem Motto „Goldener Herbst“ ansehen und -hören konnten. Dieses Angebot stieß auf große positive Resonanz auf YouTube: „Was für eine schöne und herzerwärmende Idee… Danke!“

Nachahmung erwünscht

Der NBMB stellt auf seiner Homepage (www.inklusives-musizieren.de) Materialien zum demenzsensiblen Musizieren sowie eine Videodokumentation zur Verfügung. Der Verband wünscht sich, dass sich viele Menschen davon angesprochen fühlen, selbst aktiv werden und musikalische Angebote für Menschen mit Demenz gestalten. Denn jeder einzelne von uns kann dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz weiterhin in der Gesellschaft Teilhabe erfahren und ein glückliches, sinnerfülltes Leben führen können.

Kontakt für weitere Informationen: Gerhard Cäsar und Monika Feldmeier, Inklusion und Seniorenarbeit im NBMB, 09367 / 988 689 – 3, inklusion@nbmb-online.de, https://nbmb.de/inklusion/demenzsensibles-musizieren#c

Über das Projekt „Ein Lied für Dich“:

Das Projekt „Ein Lied für Dich“ ist eine Initiative des Nordbayerischen Musikbundes e.V., die sich dem demenzsensiblen Musizieren widmet. Ziel ist es, Menschen mit Demenz durch Musik zu erreichen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Das Projekt wird durch den Bundesmusikverband Chor & Orchester e.V. (BMCO) im Rahmen des Förderprogramms „Länger fit durch Musik“ gefördert. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des NBMB: www.nbmb.de/inklusion/demenzsensibles-musizieren.

Foto: Monika Feldmeier

Related Posts

Druckfrische Inspiration für den Seenland-Urlaub
Gunzenhäuser Konzertreihe – Simon Höfele & Elisabeth Brauß begeisterten das Publikum
Polizeibericht PI Weißenburg