Nicht warten, bis es zu spät ist – Wölfe stellen Viehhalter vor große Herausforderungen

Windischhausen (do). Mit der rasanten Ausbreitung der Wölfe und der Zunahme der Wolfsrisse wächst die Sorge der Viehhalter um ihre Weidetiere. Aus Sicht der Fachleute ist eine allgemeine Bejagung des geschützten Wolfes keine geeignete Maßnahme gegen Nutztierschäden. Sie empfehlen die Nutzung von Herdenschutzmaßnahmen und sehen damit das Problem vom Tisch. Der Freistaat Bayern fördert den Bau von wolfssicheren Zäunen und die Anschaffung von Herdenschutzhunden. Doch nach Ansicht der Landwirte sind diese Regelungen völlig unzureichend, da sich die Wolfspopulation trotz aller Herdenschutzmaßnahmen alle 2,5 Jahre verdoppelt. Exemplarisch kann hier auf die Entwicklung aus Brandenburg herangezogen werden. Hier gab es 2012 einen ähnlichen Bestand wie in Bayern (ca. 23), welcher innerhalb von weniger als 10 Jahren auf über 500 angewachsen ist. Aus diesem Grund ist eine Co-Existenz mit dem Wolf nur durch eine Regulierung der Bestände möglich.  Stefan Hauck hatte zur Verdeutlichung der Problematik interessantes Datenmaterial mit Grafiken präsentiert. Dieses ist auch im Online-Artikel verlinkt.   

„Es kann kein unbegrenztes Wachstum geben“, fordert Stefan Hauck aus Windischhausen. Seit zwei Jahren beschäftigt sich der Biolandwirt intensiv mit dem Thema. Die Umsetzung des Herdenschutzzauns im vergangenen Jahr inklusive Fördermittel habe unkompliziert geklappt. Deshalb wolle er auch nicht schwarzweiß Malen. Wichtig sei ihm aufzuzeigen, wo den Landwirten der Schuh drückt, betonte er beim Vororttermin an seinem Hof, bei dem neben Weidetierhaltern auch Vertreter der Stadtverwaltung und des Jägervereins anwesend waren. Hauck ist sicher, dass die Schutzmaßnahmen, die mit viel Steuergeld angepriesen werden, vor allem auch die Kulturlandschaft und Lebensqualität der Menschen verändern werden. Allein in Bayern müssten von den 352.000 ha die zur Beweidung genutzt werden mehr als die Hälfte mit Herdenschutzzäunen versehen werden. Dazu müssten Herdenschutzzäune auf einer Länge von ca. 57.000 km für Rinder und 226 wolfssichere Pferche für die Schafe installiert werden. Die Investitionssumme läge laut einer Kostenschätzung der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft bei über 320 Mio. Euro, moniert Hauck. Auch die Folgekosten seien immens. Zudem sei die Biodiversität nicht mehr gegeben, da andere Tiere nicht mehr durch die Weide streifen können. „Wir wollen in den Dialog treten, wie man mit dieser Situation umgeht und welchen Maßnahmen sinnvoll sind“, so Hauck. Zudem sei der Zaun nur ein Baustein, Weidetiere gegen Wölfe zu schützen. Herdenschutzhunde sollen laut Fachleuten ein weiterer Teil der Lösung sein. Doch diese müssten nicht nur speziell ausgebildet, sondern auch im Winter beschäftigt werden.

Der emotionale Streit um menschliche Urängste, gerissene Weidetiere, teure Zäune und den Stellenwert von Natur lässt kaum Raum für Lösungen. Es ist ein Thema, das spaltet. Naturfreunde sehen den Wolf als geschütztes Tier, das sich seinen einstigen Lebensraum zurückerobert, Landwirte das Raubtier als aktuell größte Bedrohung für die Viehwirtschaft. Auch die Jäger haben keinerlei Handhabe. Selbst wenn der Wolf verletzt ist, dürfen sie nicht auf ihn schießen. „In der Kulturlandschaft wird viel geregelt, warum also nicht beim Wolf“, stellt sich Diana Oster vom Jagdverein die Frage und animiert dazu, ehrlich und unpolemisch an die Sache heranzugehen. „Wir brauchen ein Gleichgewicht, mit dem jeder leben kann“. Sie könne es sich auf jeden Fall nicht vorstellen, dass es keine Wölfe mehr gibt. „Jedes Lebewesen hat seine Berechtigung“.

Auch Treuchtlingens Bürgermeisterin Dr. Dr. Kristina Becker möchte nicht die ganze Natur eingezäunt haben. Zudem würden die Maßnahmen viel Geld kosten, das an anderer Stelle notwendiger wäre. Sie wünscht sich, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen und die Naturschutzverbände zwingend einzuschließen.

„Dialog ist wichtig“, ist auch Kreisobmann Erwin Auernhammer überzeugt. Er wünsche sich ein Umdenken in der Bevölkerung und der Politik, bevor es zu spät sei. Es brauche eine Bestandsregulierung, wenn es zu viel wird. Man habe jetzt die Chance nicht den gleichen Fehler wie bei den Graugänsen zu machen.

Fotos: Brigitte Dorr/ Folien: Stefan Hauck

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