Gunzenhausen (JF). Unter diesem Motto hatten die Wirtschaftsjunioren Gunzenhausen am 6. Januar zu ihrem traditionellen Neujahrsempfang ins Lutherhaus geladen. Die Vorsitzende Nicole Vierheller freute sich, rund 100 Gäste begrüßen zu dürfen – darunter auch MdB Artur Auernhammer und Dr. Ingo Friedrich. Tradition hatte auch die Neujahrsansprache der Ersten Bürgermeisters der Stadt, Karl-Heinz Fitz. Nach der Begrüßung und dem Dank für die enge Zusammenarbeit, als Beispiel zu nennen das Unternehmerfrühstück, und auch die Unterstützung bei der Finanzierung des Platzes der Wirtschaft (25 Unternehmen haben sich hier mit einer Gesamtsumme von 45.111 € eingebracht), dessen Eröffnung im ersten Halbjahr stattfinden wird, gab er einen kurzen Einblick in die Herausforderungen, die die Kommune und letztlich auch die Bürger 2025 erwartet sowie seinen Unmut über den Umgang seitens Bund und Land mit den Kommunen und die Wert- bzw. Geringschätzung derselben.
An ein paar Beispielen machte er dies deutlich: Eine der Pflichtaufgaben der Gemeinden ist die Schaffung von Einrichtungen der Kinderbetreuung. Gab es vor zehn Jahren noch 600 Plätze können 2025 circa 1000 Plätze angeboten werden. Dazwischen liegen gut 30 Mio € Investitionskosten, die wie das Beispiel Frickenfelden zeigt, zwar bei insgesamt 4,7 Mio Baukosten mit 3,1 Mio € Zuschuss des Landes gefördert werden, für 2025 allerdings nur 367.000 € zugesagt wurden. Der Rest muss von der Gemeinde zwischenfinanziert werden. Auch der ab 2026 geltende Anspruch der Ganztagsbetreuung in Schulen fordert der Stadt alleine an der Stefani Schule 35 Mio Baukosten ab. Nach Abzug der 60–65 % Förderung bleibt der Stadt aber dennoch ein Invest von 11–12 Mio €. Auch die Anschaffung von iPads und Laptops führte zu Problemen: Die ausgewählten Geräte, die mit den bereits vorhandenen kompatibel waren, waren leider nicht förderfähig. Somit blieben hier 30.000 € Förderung aus.
Das Problem, das diese Beispiele aufzeigen sollen, ist, dass immer mehr Aufgaben auf die einzelnen Kommunen übertragen werden. Aufgaben,die nicht ordnungsgemäß gegenfinanziert sind und die Leistungsfähigkeit der Gemeinden nicht nur an die Grenzen treibt, sondern teilweise auch überfordert.
Auch die Abwasserbeseitigung zählt zu den Pflichtaufgaben. Allein 170 km Kanäle gilt es zu sanieren, hier sind für die Sanierung 2025 ca. 1,5 Mio € veranschlagt, für den Kanalneubau Reutberg III 1 Mio € und für die Kanalerneuerung während der nächsten Jahre ca. 30 Mio €. Auch die Kläranlage erfordert neben der Sanierung des Faulturms in Höhe von ca. 1,8 Mio € eine biologische Reinigungsstufe, eine Phsophor Elimination und eine Schlammbehandlung für ca. 7 Mio €, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen: Energie von derzeit ca. 1 Mio kW/h auf 1/3 zu reduzieren. Zu den Pflichtaufgaben kommen aber noch die sogenannten freiwilligen Leistungen einer Kommune, über die wir uns alle sehr freuen: Grüngutentsorgung, VHS, Bücherei, Sportförderung, Zuschuss zu Kitas, Heimat-, Kultur-, Theater- und Musikpflege sowie unsere Bäder – summa summarum 3,3 Mio €. Einsparpotenzial ist kaum vorhanden, daher ist eine Aufteilung der anfallenden Kosten auf viele Schultern, sprich auch uns Bürger, seiner Meinung nach unausweichlich – auf vielen Schultern trägt es sich einfach leichter! Das Beispiel der VHS, die sich seit 2024 auf 25 Gemeinden aufteilt, sowie die Bäderallianz sind schon sicht- und spürbare Erfolge in der richtigen Richtung.
Besonders wies Fitz auch auf das in der bayerischen Verfassung verankerte Recht der kommunalen Selbstverwaltung hin, das leider immer gerne übergangen wird. Wie beispielsweise im November 2024, als die Autolobby den Kauf von E-Autos ankurbeln wollte. Da entstanden zusammen mit Ministerpräsident Söder Ideen wie kostenloses Parken für E-Autos für einen Zeitraum von drei Stunden. Natürlich gab es die Möglichkeit der Stellungnahme, doch dem erfolgten Widerspruch entgegen wurde die Regelung dennoch umgesetzt. Was das für die Kommunen bedeutet? Nürnberg verliert in etwa 400.000 € Parkgebühren, Gunzenhausen rund 30.000 €. Viel gravierender ist jedoch der Umstand, dass hier in die Selbstverwaltung der Kommunen eingegriffen und dabei nicht berücksichtigt wird, dass das Leben in den Gemeinden stattfindet und ein funktionierendes Gemeinwesen auf funktionsfähige Städte und Gemeinden angewiesen ist. Hier spielt auch die Erhöhung der Umlagen eine Rolle, die seitens der Kommunen nur über die Gewerbe- oder Grundsteuer beeinflusst werden kann.
Womit Fitz auch schon beim positiven Ausgang seiner Rede und dem Ausblick auf 2025 angelangt war: Gunzenhausen ist eine tolle Stadt, die sich hervorragend entwickelt hat (auch dank der kontinuierlich gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen). Den Menschen stehen vielfältige Angebote zur Verfügung und es lohnt sich, hier zu leben. Damit das auch so bleibt, wird weiterer Wohnraum geschaffen, das Landesamt für Schule gebaut, die Bahnhofsanierung und der barrierefreie Umbau begonnen, die ÖPNV-Angebote ausgebaut, der Platz für alle und der Wirtschaft an der Promenade eingeweiht, die Kanalerneuerung in der Sonnenstraße und der Umbau am Saumarkt durchgeführt sowie das Radverkehrskonzept fertiggestellt, dessen Umsetzung begonnen sowie die Rezertifizierung als fahrradfreundliche Kommune eingeleitet. Große Herausforderungen, die mit Zuversicht, aber auch mit Mut und Gelassenheit angegangen werden sollten.
Und dann wurde die Neugier der Gäste nicht länger auf die Folter gespannt – Margit Hertlein, ihres Zeichens Keynote-Speakerin, Autorin und Kommunikationstrainerin erzählte ganz nebenbei, während sie Kartoffeln und gelbe Rüben schälte, warum Neugier so wichtig ist. Nicht etwa „Sei nicht so neugierig!“ wie wir es so häufig noch aus unserer Kindheit kennen, sondern „Stay hungry!“ sollte das Motto von Erwachsenen, Berufstätigen Unternehmern und Führungskräften sein. Wir haben gelernt, dass unser Hirn Gewohnheiten und Rituale liebt, weil es da so herrlich im Energiesparmodus vor sich hindümpeln kann und gerade mal nur 20 % unserer Gesamtenergie verbraucht – und das bei einem Masseanteil von nur ca. 2 %!!! Bei mir hat sich direkt die logische Schlussfolgerung aufgeworfen, dass Gewohnheiten dick machen… Also neugierig sein, statt Diät oder Sport? Ich werde es auf alle Fälle einmal ausprobieren! Und ja, wir sollten unser Hirn auf Belohnungsmodus einstellen und ihm des öfteren eine wahre „Dopamindusche“ (Glückshormon) gönnen! Also Schluss mit Killerphrasen wie „Das machen wir schon immer so“ & Co. Neugier ist der Beginn von allem! Und sie ist sogar messbar – am wirtschaftlichen Erfolg! Bei wissenschaftlichen Studien wurden übrigens fünf Neugiertypen entdeckt, die jeder für sich einen Gewinn für das Unternehmen darstellt – je nachdem, wo er eingesetzt wird. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie stehen für „Man weiß nie, wozu es gut ist!“ statt „Wofür brauch ich das?“
Nicole Vierheller dankte für die vielen Impulse und wies noch kurz auf das 40-jährige Jubiläum der WJ Gunzenhausen hin, welches das ganze Jahr über von verschiedenen Veranstaltungen begleitet wird, bevor es zu guten Gesprächen ans Buffet ging. Apropos Begleitung: Den Klangteppich bildete auch dieses Jahr wieder das Claus Raumberger Ensemble (Heinz Horst am Klavier, Udo Reicher am Schlagzeug, Renate Raumberger am Bass und Claus Raumberger an Klarinette/Flöte).
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Text/Foto: Jessica Frank/Alex Kurz