Waldbegang des Weißenburger Stadtrates

Weißenburg (red). Dass der Weißenburger Stadtwald angesichts steigender Temperaturen, unregelmäßigen Niederschlägen und ungeplant hohen Zwangsnutzungen (durch Borkenkäferbefall und Sturmschäden) stark leidet – davon konnten sich die Vertreter der Stadt Weißenburg vor Ort selbst überzeugen. Oberbürgermeister Schröppel lud hierfür den Stadtrat mitsamt der Ortssprecher zur fachlichen Exkursion unter Leitung des Städtischen Forstamtes am 21. September 2024 ein. Auch der Bau von Windenergieanlagen im Wald wurde auf potenziellen Standorten im Weißenburger Stadtwald diskutiert.

Forstamtsleiter Plabst gab im Distrikt Steinberg zunächst einen Rückblick auf die wichtigsten – forstlich relevanten – Zahlen. Besorgniserregend war hierbei vor allem der Anteil an Käfer- bzw. Schadholz. Von den ca. 22.000 fm die planmäßig und nachhaltig eingeschlagen werden sollten, mussten ca. 17.000 fm kalamitätsbedingt entnommen werden. Bezogen auf den reinen Fichteneinschlag sind es sogar knapp 85 % die ohne waldbauliche  Steuerung eingeschlagen wurden. Um den für den Stadtwald vorgesehenen Hiebsatz nicht zu überschreiten, wird der reguläre Wintereinschlag mit angezogener Handbremse durchgeführt.

Dass auch der Weißenburger Stadtwald mit den Klimaveränderungen zu kämpfen hat und auch Schädlinge wie der Borkenkäfer davon massiv profitieren, sollte aber später im Distrikt Dettenheim noch eindrucksvoller verdeutlicht werden. Im weiteren Verlauf wurde auch die kürzlich angeschaffte Drohne vorgestellt. Das speziell für Behörden entwickelte Fluggerät soll das Städtische Forstamt künftig mit aktuellen Luftund Wärmebildern versorgen um bei den umfangreichen Aufgaben zu unterstützen. So können unter anderem Schäden (Wildschäden im Feld oder Kalamitäten im Wald) schnell
erfasst werden, Wildschutzzäune effektiver kontrolliert und eine gezielte Jagd auf Schwarzwild ermöglicht werden. Vor allem aber auch das Kontrollieren von verkehrssicherungspflichtigen Bereichen wird durch die hochauflösenden Kameras stark erleichtert, ohne auf jeden Baum klettern zu müssen – dies soll in Zukunft Zeit und Geld sparen und die Kontrollen noch sicherer machen.

In dem Zusammenhang wurde auch darauf hingewiesen, dass die Ausgaben und Arbeitsstunden für Verkehrssicherungsmaßnahmen in den letzten Jahren stark angestiegen sind. Zu den notwendigen, flächigen Maßnahmen an den Hauptverkehrswegen kamen auch noch aufwendige Einzelsicherungen z.B. am Römerbrunnen und am Waldkindergarten dazu. Vor allem Randbäume leiden massiv an den Veränderungen des Klimas und zeigen oft trockene Kronen. Außerdem häufen sich baumartspezifische Krankheiten – zuletzt insbesondere das Eschentriebsterben bei der heimischen Esche. Deshalb ist auch in den nächsten Jahren mit hohen Ausgaben für die Verkehrssicherung zu rechnen. Viele Autofahrer müssen sich daher leider auch in Zukunft weiterhin auf kurzzeitige Sperrungen und Einschränkungen einstellen.

Ein stark diskutiertes Thema war vor allem die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald. Da Teile des Weißenburger Stadtwaldes im geplanten Wind-Vorranggebiet WK 309 der Regionalplanung liegen, sollten mögliche Auswirkungen vor Ort aufgezeigt werden. Hierfür wurde auf einer beispielhaften Fläche das zu erwartende Ausmaß des Eingriffes in das Ökosystem Wald deutlich gemacht. Des Weiteren seien aber auch  Beeinträchtigungen stark frequentierter Naherholungsbereiche zu erwarten und das nicht nur während der Bauphase, gab Revierleiter Knaupp zu bedenken. Da die derzeit gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Bayern den Ausbau der Windenergie schwerpunktmäßig in siedlungs-
fernen Waldgebieten vorsehen, war es dem Städtischen Forstamt wichtig, dem Weißenburger Stadtrat die weitreichenden, teilweise nicht absehbaren Folgen für Mensch und Natur vor Ort zu verdeutlichen.

Im Distrikt Dettenheim wurde von Revierleiter Feuer schwerpunktmäßig die Waldabteilung Schlicht vorgestellt. Sturmschäden und  Borkenkäferkalamitäten führten in den letzten Jahren zu einer zusammenhängenden Kahlfläche von über zwei Hektar, was für bisherige Stadtwald-Verhältnisse viel ist. Die Ausrichtung des Hangs nach Süden und der steinige Boden erschweren die Wiederaufforstung. Es wird deshalb vor allem auf Naturverjüngung in gezäunten Bereichen gesetzt. Es sind inzwischen viele heimische Baumarten wie Eiche, Ulme, Buche, Kirsche, Ahorn, Vogelbeere und Hainbuche zu finden. Wenngleich die natürliche Verjüngung als relativ robust gilt, so wird auch diese mit der plötzlichen Freistellung zu kämpfen haben. Forstamtsleiter Plabst wies in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, wie wichtig eine zeitige Vorausverjüngung unter einem noch vorhandenen Schirm sei.

Dass ein Umdenken bei der Behandlung solcher Flächen notwendig ist, zeigen eindrucksvolle Beispiele aus dem Frankenwald. Durch den fehlenden Schatten der Altbäume steigen die Temperaturen der Oberflächen so stark an, dass es für junge Pflänzchen oft zu heißwird und diese eingehen. Für eine Wiederbewaldung ist es also auf solchen Flächen unbedingt notwendig so viel Schatten wie nur irgend möglich zu erhalten. So bleiben zum Bei-
spiel Dürrständer, alte Käferbäume mit verlassenen Bruten oder einzelne Kiefern stehen. In Untersuchungen konnten zwischen geräumten Flächen und verbliebenen AltbäumenTemperaturdifferenzen von bis zu 20 °C gemessen werden. Daher geschieht das Belassen von Totholz nicht nur aus ökologischen Gründen, auch finanziell können hier hohe Einsparungen erzielt werden, etwa dadurch, dass deutlich weniger trockenheitsbedingte Schäden an den jungen Pflanzen entstehen. Es wurde in dem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass es sich nicht bei allen „roten“ Bäumen um frisch befallene Käferbäume handelt.

Das Städtische Forstamt prüft stets am Einzelbaum ob eine Waldschutzgefahr besteht oder ob der Baum zu ökonomischen und ökologischen Zwecken stehen gelassen werden kann. Der Anblick dieser hervorstechenden, landschaftsprägenden alten Käferbäume dürfte hierzulande für viele Bürger zunächst befremdlich erscheinen. In vielen Teilen Deutschlands erkennt man bereits deutlich, dass sich die in Reinbeständen angepflanzte, standortfremde Baumart mit diesem Waldbild verabschiedet. Das Belassen solcher Totholzbäume ist im Interesse einer naturnahen Waldwirtschaft und daher unbedingt anzustreben.

Wie sich ein naturnaher Wald entwickeln kann wurde dann in der Waldabteilung „Bei der Schanze“ erläutert. Wie berichtet, nimmt die Stadt Weißenburg am Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundes teil und verpflichtet sich damit zur Stilllegung von 5% der Waldfläche über einen Zeitraum von 20 Jahren. Nahezu die gesamte Waldabteilung „Bei der Schanze“ ist unter anderem ein Teil dieser Stilllegungsflächen. Den Stadträten wurde vor Ort auch schnell deutlich, dass eine Bewirtschaftung hier ohnehin nicht wirtschaftlich sein kann und auch der ökologisch hohe Wert dieser Fläche wurde schnell deutlich. Nach vielen, teils erschreckenden Bildern von Kalamitätsflächen machte zum Schluss ein Blick auf eine ca. 5-jährige Naturverjüngung im Zaun Mut für die Zukunft. Eine sehr dichte und vital wirkende Verjüngung zeigt das Potential der Natur – wenngleich es erst für die dritte oder vierte Folgegeneration nutzbar sein wird.

Fotos: K. Knaupp

Related Posts

Ein Erfolgsprojekt feiert Jubiläum
Neuer Zeitplan für die Inbetriebnahme der nördlichen Hesselbergbahn
Stadt Gunzenhausen – Fairtrade-Steuerungsgruppe zu Gast in der Fairtrade-Grundschule Süd