Wieder illegaler Baggereinsatz in einem Naturschutzgebiet

(red). Nach den Zerstörungen am Rappenalpbach und an den geschützten Sinterterassen ist an einem Bach im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen ein weiterer illegaler Eingriff im Bereich eines Naturschutzgebietes bekannt geworden. Im Naturschutzgebiet Schambachried bei Treuchtlingen, einem 100 Hektar großen ökologisch wertvollen Niedermoor, wurden geschützte Biotope zerstört und das Moor durch Vertiefung von Gräben entwässert und schwer geschädigt.

Das Gebiet ist als europäisches Flora-Fauna-Habitatgebiet (FFH-Gebiet „Schambachried“) geschützt. Dem schnellen Eingreifen der örtlichen Naturschutzbehörde ist es zu verdanken, dass die Arbeiten gestoppt und der Wasserabfluss eingedämmt werden konnte. Noch am selben Tag wurden Erdpfropfen in die Gräben wieder eingebaut und der Wasserabfluss erstmal gestoppt. Der größte Teil der beabsichtigten Grabenmaßnahmen war aber bereits vollzogen, die Schäden sind gravierend.

Ein Bürger hatte beim BUND Naturschutz Alarm geschlagen. Im Bereich des Naturschutzgebietes Schambachried seien Baggerarbeiten im Gange. Die sofort verständigten ehrenamtlich Aktiven aus der BN-Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen sahen sich im Gebiet um und mussten feststellen, dass dort mit typischer Feuchtvegetation bewachsene Gräben ausgebaggert und vertieft wurden, große Weiden mit Wurzelstöcken herausgerissen waren und der Grundwasserstand im Moor bereits um ca. 20 cm abgesunken war – sie waren sprachlos.

Niedermoore sind nicht nur wichtige CO2-Speicher und damit für die Bewältigung der Klimakrise unabdingbar. Wegen der dort herrschenden hohen Wasserstände und der speziellen Nährstoffarmut kommen hier viele Spezialisten der Tier- und Pflanzenwelt vor. Die dort vorkommenden seltenen und empfindlichen Arten wie Teichrohrsänger, Schwarzkehlchen, Wasserspitzmaus, Schmalblättriges Wollgras oder Fieberklee sind auf den hohen Wasserstand angewiesen, jede Austrocknung schadet ihnen und dem ganzen Lebensraum.

Wegen des Schutzes als Natura 2000-Gebiet verstößt die Entwässerung und Zerstörung der Lebensräume daher gegen europäisches Naturschutzrecht, außerdem gleich mehrfach gegen bayerisches Naturschutzrecht, denn auch hier ist sowohl die Zerstörung von Fechtbiotopen als auch die Vertiefung von Gräben und verstärkte Entwässerung von Mooren verboten. Denn Moore brauchen sowohl für den Arten- als auch den Klima- und Wasserschutz hohen Wasserstand.

„Es ist mir völlig unverständlich, wie ein Baggerfahrer direkt neben den Hinweistafeln zum Schutzgebiet, auf denen auf die wichtigen Feuchtgebietsbedingungen hingewiesen wird, ohne Rückfragen beim Auftraggeber tiefe Entwässerungsgräben anlegen kann. Noch weniger zu verstehen ist es, warum die Stadtverwaltung von Treuchtlingen ohne Rücksprache mit der Naturschutzbehörde oder den Eigentümern der Fläche, darunter der BN, sowas in und an einem Naturschutzgebiet in Auftrag geben kann. Das muss nun genau geklärt werden“, so Karl-Heinz Schork von der Kreisgruppe Weißenburg-Gunzenhausen, der von den Schäden Fotos machte.

Brigitte Löffler, Vorsitzende der BN-Kreisgruppe: „Wir danken der Naturschutzbehörde, dass sie so schnell reagiert haben. Wichtig ist nun aber, dranzubleiben und rasch die nötigen Maßnahmen zur Wiedervernässung voranzubringen und die Schäden so weit wie möglich zu beheben.“

Martin Geilhufe, BN-Landesbeauftragter: „Es ist doch absurd, dass hier ein intaktes Moor zerstört und Naturschutzgesetze ignoriert werden, während anderswo Millionen Euro ausgegeben werden, um entwässerte Moore wieder zu renaturieren. Wir werden beim Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen einen Antrag auf Durchführung eines Umweltschadensverfahrens stellen. In diesem Verfahren muss das Landratsamt darüber entscheiden, welche Maßnahmen, zur Beseitigung des Umweltschadens getroffen werden. Ob der BN Strafanzeige stellt, werden wir nach weiteren Ermittlungen entscheiden.“

Was passiert ist:

Am 28.03.2023 führte eine örtliche Baggerfirma im Auftrag der Stadt Treuchtlingen sogenannte Grabenräumungen durch. Die Räumungen hatte offenbar der Eigentümer der benachbarten Kohlmühle von der Stadt erbeten. Der größte Teil der Baggerarbeiten war bereits erfolgt, als eine Mitarbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises die Tätigkeiten stoppte und weitere Arbeiten untersagte. Neben den bereits ausgebaggerten Gräben sollten noch weitere Gräben südlich der Staatsstraße in Richtung Dietfurt ausgebaggert werden.

Die mit Binsen, Seggen und weiteren typischen Pflanzen bewachsenen Gräben waren bereits vollständig zerstört. Sie standen ebenfalls unter Schutz. Die entlang der Gräben wachsenden und geschützten Röhrichte, Hochstaudenfluren, Seggenriede und binsenreichen Nasswiesen wurden durch die Maßnahme beeinträchtigt. Die durchgeführten Maßnahmen stellen eine erhebliche Beeinträchtigung dieser gesetzlich geschützten Flächen dar. Die Entwässerung des Naturschutzgebietes käme einer Zerstörung dieser geschützten Fläche gleich.

FFH-Gebiet „Schambachried“ (Nr. 7031-371):

Im Managementplan heißt es: „Das Schambachried ist ein geschlossener Feuchtbiotopkomplex mit den FFH-Lebensraumtypen Kalkreiches Niedermoor, Pfeifengraswiese, Flachland-Mähwiese, und mit ausgedehnten Schilfbeständen, Großseggenbeständen, Weidengebüschen und kleinen Nasswiesen. Es wird von naturnahen Bächen und Quellgräben durchzogen. Das Schambachried ist ein für Mittelfranken einmaliges, ausgedehntes Feuchtgebiet. Kern des Gebietes ist das gleichnamige Naturschutzgebiet Schambachried. Es ist Dokument einstiger extensiver Bewirtschaftung als Streuwiese, eine Nutzung, die pflanzliche und tierische Vielfalt hervorgebracht hat. Wichtigste und wertvollste Teillebensräume sind die auf kalkhaltige Quellwässer und Staunässe zurückzuführenden kalkreichen Niedermoore und Pfeifengraswiesen mit einer besonders artenreichen, geographisch isoliert liegenden Eiszeit-Reliktflora.“ Für FFH-Gebiete gilt ein Verschlechterungsverbot und alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, sind unzulässig. Die erfolgte Entwässerung und Zerstörung von Lebensräumen ist unzweifelhaft eine solche unzulässige Beeinträchtigung.

Bildunterschrift:  Hinweistafel zur naturschutzfachlichen Bedeutung Niedermoores. Direkt daneben wurde der Graben geräumt. Foto: Karl-Heinz Schork

Hintergrundinformation BUND Naturschutz

Der BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) ist mit über 265.000 Mitgliedern und Förderern der größte Natur- und Umweltschutzverband Bayerns. Er setzt sich für unsere Heimat und eine gesunde Zukunft unserer Kinder ein – bayernweit und direkt vor Ort. Und das seit über 100 Jahren. Der BN ist darüber hinaus starker Partner im deutschen und weltweiten Naturschutz. Als Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) ist der BN Teil des weltweiten Umweltschutz-Netzwerkes Friends of the Earth International. Als starker und finanziell unabhängiger Verband ist der BN in der Lage, seine Umwelt- und Naturschutzpositionen in Gesellschaft und Politik umzusetzen.

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