Zwischenstand Streuobstpakt: Zehntausende neue Bäume und Cidre aus Bayern

München (red). Der Bayerische Streuobstpakt ist ein verbindliches Abkommen zwischen der Bayerischen Staatsregierung und acht engagierten Verbänden. Insgesamt will die Staatsregierung über 670 Millionen Euro investieren. Eines der Hauptziele ist es, neben dem Erhalt des bereits stark dezimierten Bestands bis 2035 eine Million zusätzliche Streuobstbäume in Bayern zu pflanzen. Seit Schließung des Pakts sind drei Jahre vergangen – wo steht das Projekt mit dem ehrgeizigen Ziel? Ein Blick hinter die Kulissen zeigt in Ausschnitten, was zahlreiche Akteure und Unterstützer bereits erreicht haben und welche Erfolge in Aussicht stehen.

Die ökologisch wertvollen Streuobstwiesen zählen heutzutage zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas. Um die bedeutungsvolle Kulturlandschaft zu schützen und stärken, ist ein enger Schulterschluss gefragt. Nur, wenn sowohl die Beteiligten als auch die Maßnahmen eng verzahnt sind, bestehen reale Erfolgschancen. Aus diesem Grund hat die Bayerische Staatsregierung 2021 mit acht Verbänden den Bayerischen Streuobstpakt geschlossen (www.bayern-streuobstpakt.de). Erhalt und Förderung der Biodiversität, Landschaftspflege und regionale Obstproduktion in Bio-Qualität sind die wesentlichen Themen, um die sich die breit angelegte Initiative dreht. Die Zwischenbilanz ist positiv. Über 90.000 Bäume wurden allein über das an Endverbraucher gerichtete Programm des Landwirtschaftsministeriums „Streuobst für alle!“ bislang bewilligt. Um der enormen Nachfrage gerecht zu werden, haben bayerische Baumschulen ihre Produktionskapazitäten deutlich gesteigert. Besonders große Mengen wurden soweit über die ILE Holzland-Inntal verteilt.

Nachhaltige Zukunft für ländliche Gebiete

ILE steht für „Integrierte Ländliche Entwicklung“: Mehrere Gemeinden verstärken ihre Zusammenarbeit, um ihre Region zukunftsfähig zu gestalten. Die Menschen hinter der ILE Holzland-Inntal sind begeistert von der Idee, gemeinsam einen Beitrag für mehr Biodiversität zu leisten – gewissermaßen direkt vor der eigenen Haustür. Die Akteure haben es im Rahmen des Programms „Streuobst für alle!“ geschafft, jedem Menschen mit Wohnsitz oder Grundbesitz die Pflanzung eines Streuobstbaums zu ermöglichen – ohne komplizierte Anträge und auf Wunsch sogar mit fachlicher Anleitung. In der Region haben sich nicht nur Privatleute und Hobbygärtner an der Aktion beteiligt, auch öffentliche Einrichtungen und Firmen waren am Start. Insgesamt sind nun 1.084 Streuobstbäume neu verwurzelt, jetzt engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger in der nachhaltigen Pflege und Veredelung.

Leicht und frisch – Cidre aus Bayern

Während der Streuobstpakt einerseits darauf zielt, den Baumbestand zu pflegen und zu vergrößern, geht es andererseits natürlich auch um die Erzeugnisse und deren Vermarktung. Unter dieser Prämisse sind bereits insgesamt 13 von 20 Großprojekten angelaufen. Ein Beispiel ist die Projektstelle „Cidre aus Bayerischen Streuobstwiesen“ am Institut für Weinbau und Önologie der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), hier steht der spritzige Cidre im Fokus. Getränke mit geringem Alkoholgehalt erfreuen sich wachsender Beliebtheit und im Nachbarland Hessen steht der Apfelwein bereits hoch im Kurs – in bayerischen Betrieben aber ist die Produktion noch ausbaufähig. Hier entstehen derzeit vor allem Säfte und Destillate aus regionalem Streuobst. Um die Nische zu besetzen und Cidre aus Bayern dauerhaft im Sortiment zu etablieren, werden im Rahmen des Projekts bis 2025 Inhaltsprofile ermittelt und Herstellungsverfahren erprobt, die Sensorik analysiert und Konsumenten befragt. Das gesammelte Wissen wird genau wie Zukunftsaussichten und Marktchancen in Workshops an interessierte Erzeuger vermittelt. Weitere Themen sind die Sortenwahl, die Nährstoffversorgung im Streuobstbau und die Verarbeitungsschritte von der Apfelernte bis zum fertigen Cidre.

Erfolgreiche Vorreiter: „Schnitz und Butzen“

Im bayerisch-schwäbischen Donautal wachsen auf alten Streuobstwiesen die Äpfel, die Peter Baumgartner schon seit Jahren in traditionell handwerklichen Prozessen zu feinen Apfelschaumweinen verarbeitet. „In der Cidre-Produktion habe ich meine Berufung gefunden“, sagt der gelernte Koch, der unter dem Namen „Schnitz und Butzen“ firmiert und das Beste aus dem Streuobst herausholen möchte. Wichtig ist dem passionierten Weinproduzenten die Arbeit mit Maischestandzeiten, der Ausbau im Holzfass, das Rosinieren des Pressguts und die Verwendung unterschiedlicher Hefen zur vielfältigen Aromabildung. „Füllen, rütteln, etikettieren… bevor eine Flasche unseren Keller verlässt, haben wir sie mehr als 50 Mal in die Hand genommen“, erklärt Peter Baumgartner zum aufwändigen Prozess, der seinen Anfang auf der Wiese nimmt. Die Mischbepflanzung der Streuobstfläche ist resistenter gegenüber Schädlingen, so dass Baumgartner ohne Pflanzenschutzmittel auskommt. Die Bewirtschaftung der Streuobstwiesen bringt ein hochwertiges veredeltes Produkt hervor, gleichsam zahlt sie auf den Schutz der wertvollen Biotope ein. Die komplexen spannenden Schaumweine werden inzwischen bayernweit und sogar in Berlin in Bistros, Bars und Restaurants ausgeschenkt und gehören in zahlreichen Fachgeschäften zum Sortiment.

Über den Streuobstpakt

Der Bayerische Streuobstpakt ist ein verbindliches Abkommen zwischen der Bayerischen Staatsregierung, vertreten durch das Bayerische Landwirtschafts- und das Bayerische Umweltministerium, und acht engagierten Verbänden.

Ziel ist es, neben dem Erhalt des bereits stark dezimierten Streuobstbestands bis 2035 eine Million zusätzliche Streuobstbäume in Bayern zu pflanzen.

Der verbindliche Rahmen des Paktes gewährleistet, dass sämtliche Maßnahmen effektiv verzahnt werden, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen.

Weitere Informationen finden sich unter www.bayern-streuobstpakt.de

Foto: Pixabay

Related Posts

Ein Erfolgsprojekt feiert Jubiläum
Neuer Zeitplan für die Inbetriebnahme der nördlichen Hesselbergbahn
Stadt Gunzenhausen – Fairtrade-Steuerungsgruppe zu Gast in der Fairtrade-Grundschule Süd