Weißenburg-Gunzenhausen (red).  Im Jahr 2024 trägt der Kiebitz die Krone der Vogelwelt. Er löst seinen Vorgänger das Braunkehlchen als Vogel des Jahres ab. Beide haben viel gemein. Als Wiesenbrüter stehen sowohl der Kiebitz als auch der Vogel des Jahres 2023, das Braunkehlchen im Fokus intensiver Schutzbemühungen im Landkreis WUG. Schon seit vielen Jahren und nun vor allem durch das Großprojekt chance.natur -Lebensraum Altmühltal sollen die letzten ihrer Art im Landkreis erhalten und wieder gefördert werden.

Mehr als 33.000 Menschen haben den Charaktervogel der Altmühlwiesen zum Sieger gewählt

Bei der vierten öffentlichen Wahl des bayerischen Naturschutzverbandes LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und seinem bundesweiten Partner NABU haben insgesamt knapp 120.000 Menschen abgestimmt. 33.289 (27,8 Prozent) Stimmen entfielen dabei auf den Kiebitz, 27.404 (22,9 Prozent) auf den Steinkauz, 25.837 (21,5 Prozent) auf das Rebhuhn, 23.239 (19,4 Prozent) auf die Rauchschwalbe und 10.152 (8,5 Prozent) auf den Wespenbussard. „Jede dieser Vogelarten wäre des Titels würdig gewesen, doch der Kiebitz verdient ihn ganz besonders. Sein Bestand hat in Bayern und ganz Deutschland in den letzten Jahrzehnten katastrophal abgenommen, 90 Prozent der Brutpaare gingen bis heute verloren. Denn durch intensive Landwirtschaft und die Trockenlegung von Feuchtwiesen findet der Kiebitz kaum noch geeignete Lebensräume“, sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. „Als Vogel des Jahres steht der Kiebitz für die Artenvielfalt in unserer Agrarlandschaft. Damit die Vögel weiterhin in Bayern vorkommen, müssen wir jetzt
handeln.“

„Kie-wit“: Der Ruf des Kiebitzes hat dem Vogel des Jahres 2024 seinen Namen eingebracht. Der etwa taubengroße Vogel aus der Familie der Regenpfeifer hat ein im Licht metallisch grün oder violett glänzendes Gefieder. Auffallend sind auch seine auffälligen Schmuckfedern am Kopf, die sogenannte Holle und die breiten gerundeten Flügel. „Ursprünglich waren Kiebitze vor allem in Mooren und auf Feuchtwiesen zu finden. Diese Flächen werden mittlerweile zumeist landwirtschaftlich genutzt und der Kiebitz musste sich an die neue Kulturlandschaft anpassen. Heute brüten Kiebitze deshalb auch vielfach auf Äckern und bewirtschafteten Wiesen“, erklärt der LBV-Gebietsbetreuer Jan Heikens.

Die Nester des Kiebitzes bestehen nur aus einer schlichten Bodenmulde, in die das Weibchen meist vier Eier legt. Um den Kiebitz und andere wiesenbewohnende Arten, die sogenannten Wiesenbrüter, zu schützen wurde das Großprojekt chance.natur- Lebensraum Altmühltal in den Landkreisen Weißenburg-Gunzenhausen und Ansbach ins Leben gerufen. Bereits seit vielen Jahren setzt sich der LBV für den Schutz der vom Aussterben bedrohten Arten ein.

Mit dem Großprojekt versuchen nun die beiden Landkreise, der Landschaftspflegeverband und der LBV gemeinsam mit Jägern, Landwirten und weiteren beteiligten das Ruder noch einmal herumzureisen. „Mit dem Großprojekt haben wir eine einmalige Chance. Nur gemeinsam können wir unsere Wiesenbrüter noch retten. Hierfür müssen wir alle zusammen anpacken. Dass es sich lohnt, zeigt allein das bundesweite
Interesse an dem Projekt“, erklärt der LBV-Vorsitzende im Landkreis WeißeneburgGunzenhausen Sebastian Amler. Der Schutz für den Kiebitz und seine Verwandten muss aber auch weiter gehen. Kiebitze sind Teilzieher: Einige von ihnen überwintern bei milder Witterung in Deutschland, der Großteil zieht nach Frankreich, Spanien, Großbritannien und die Niederlande, um den Winter dort zu verbringen. Darüber hinaus ziehen Kiebitze aus dem Norden im Herbst über Deutschland und rasten auch in Bayern in größerer Zahl. Dieses Schauspiel können
Naturbegeisterte aktuell noch gut beobachten. Im Frühjahr zeigen die Kiebitze dann ihre beeindruckenden Balzflüge: „Die Gaukler der Lüfte drehen Schleifen über ihrem Revier, lassen sich in akrobatischen Flugmanövern gen Boden fallen und rufen dabei weit hörbar“, so LBV-Gebietsbetreuer Jan Heikens.

Weil bayernweit viele Feuchtwiesen entwässert wurden und verloren gegangen sind, hat es die Art heutzutage schwer. Zur Wahl zum Vogel des Jahres war der Kiebitz deshalb mit dem Slogan „Wasser marsch!“ angetreten Die Renaturierung von Feuchtwiesen und Mooren könnte der stark bedrohten Art helfen. Auch im Landkreis WeißenburgGunzenhausen wird das Thema Wasser und Wasserrückhalt immer größer. Eine wiesenbrüterfreundliche Bewirtschaftung der Flächen bietet dabei viele Vorteile. So profitieren nicht nur vom Aussterben bedrohte Arten, sondern auch Landwirtschaft und Klimaschutz. Auch eine späte Mahd bewirtschafteter Wiesen und intensive Schutzmaßnahmen engagierter ehrenamtlicher Aktiver zusammen mit engagierten Landwirten geben den Jungvögeln eine Chance zum Überleben.

Kiebitz im Landkreis
„Der Bestand des Kiebitzes in Bayern wurde bei der Wiesenbrüterkartierung im Jahr 2021 mit weniger als 4.000 Revierpaaren registriert“, erklärt Jan Heikens. Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen finden sich laut der letzten Erfassung dabei noch rund 80 Reviere des einst so häufigen Wiesenvogels. Immer wieder weicht der Gaukler der Lüfte dabei mittlerweile auf Äcker aus und kann bei seinen Zweitbrutversuchen auch abseits der Kerngebiete rund um die Altmühlwiesen gefunden werden. „Vor wenigen Jahren hatten wir beispielsweise eine erfolgreiche Zweitbrut bei Ettenstatt. Auch bei Treuchtlingen und anderen Gebieten abseits der Altmühlwiesen
finden wir immer wieder Zweitbruten“, macht der LBV-Vorsitzende Sebastian Amler deutlich.

Um den Kiebitz im gesamten Freistaat zu schützen hat der LBV nun im Frühjahr 2023 das Artenhilfsprojekt „Vanellus vanellus muss ein Bayer bleiben“ gestartet. Ziel des Projekts ist es, Kiebitz-Gelege aktiv zu schützen und wichtige Akteure für den Schutz zu vernetzen. Im mittelfränkischen Knoblauchsland hat der LBV zudem im Rahmen eines weiteren Projekts dieses Jahr 100 Jungkiebitze beringt, um noch mehr über die Art zu erfahren.

Artenporträt Kiebitz: www.lbv.de/kiebitz
Informationen zum Artenhilfsprojekt Kiebitz: www.lbv.de/kiebitz-projekt

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