„Leseglück“ mit viel Sinn für Humor vermittelt

Gunzenhausen (red). „Bücher machen glücklich“ – Von diesem Satz sind die Buchblogger Florian Valerius und Mareike Fallwickl überzeugt. Gemeinsam haben die beiden unter dem Titel „Leseglück“ einen kleinen Kanon veröffentlicht, der im Untertitel verspricht „99 Bücher, die gute Laune machen“. In der Stadt- und Schulbücherei präsentierte das humorvolle Duo einige Titel aus der Glücksliste – oder anders ausgedrückt: Florian Valerius – im Hauptberuf Buchhändler – und die erfolgreiche Romanautorin Mareike Fallwickl brannten ein Feuerwerk mit literarischem Goldregen ab, plauderten locker über Themen wie fremde Länder, Mordlust oder Erotik und stachelten ihr Publikum dazu an, sich ins nächste Lesevergnügen zu stürzen. Eingeladen zu der literarischen Rezensions-Comedy hatten Melena Renner von der Buchhandlung am Färberturm und die Stadt- und Schulbücherei.

Im digitalen Leben posten Mareike Fallwickl und Florian Valerius unter den Accounts „The_zuckergoschl“ und „literarischernerd“ auf Instagram ihre launigen und kompakten Rezensionen. Fallwickl hat mehr als 6000 Abonnenten und Valerius mehr als 18000 und gehört damit zu den erfolgreichsten Buchbloggerin in Deutschland. Ihre Rezensionen sind sehr unterhaltsam, aber kein Vergleich mit einem Liveauftritt wie dem in der Stadtbücherei. Hier warfen sich die beiden gekonnt die Bälle zu, erzählten davon, wie sie sich kennen und mögen gelernt haben, weshalb sie auch einmal Romane ausgraben, die es nie in die erste Reihe oder eben in die Bestsellerliste geschafft haben, dennoch für viele Leserinnen und Leser zu Leseglück-Erlebnissen führen können.

Wer beispielsweise keinen Flug nach Tiflis gebucht hat, aber diese georgische Stadt und georgischen Zeitgeist kennenlernen möchte, kann „Die Farben der Nacht“ von Davit Gabunia lesen. Einen spannenden Krimiplot bekommt man gleich mitgeliefert, verspricht Florian Valerius. Auf dem Sofa sitzen und interessante Gebäude in New York kennenlernen – das können die Leserinnen und Leser mit „Die Fassadendiebe“ von John Freeman Gill. Für Mareike Fallwickl ist dies einer der Romane aus der „zweiten Reihe“, der es also nie in die Bestsellerlisten geschafft hat. Auch das ist ein Ziel des Rezensenten-Duos: originelle Buchtipps geben, Inspirationen liefern, Leselust wecken. Oder wie es Mareike Fallwickl formuliert: „Wir holen die Leute ab, die eigentlich Netflix-Serien gucken.“

Überhaupt sei das Problem von Menschen, die behaupten, keine Zeit zum Lesen zu haben, dass sie sich eben keine Zeit zum Lesen nehmen, meint die Bloggerin bei ihrem Auftritt und zieht dazu die passende „Zuckerschnute“. Florian Valerius kontert charmant, er schaue sich schon Serien an, aber habe dennoch genug Zeit zum Lesen. Und schon sind sie beim nächsten Thema – Serien-Lesen. Valerius hat hier die „Stadtgeschichten“ von Armistead Maupin ausgewählt, der eine fünfbändige Kult-Serie um Menschen aus San Francisco geschaffen hat. Geschichten über das Leben und die Liebe in Häppchenformat mit unglaublicher Sogwirkung.

Das Duo hat für jeden Bedarf die richtige Lektüre – deshalb gibt es Buchtipps zum Thema „Mordlust“ mit einer „gewissen Basisbösartigkeit“ oder „Bücher für jede Lebenslage“, also Bücher, die genau zur jeweiligen Lebenssituation passen und ihre Leserinnen und Leser dort abholen können, wo sie gerade stehen: Kindheit, erste Liebe, Freundschaft, Kinderkriegen, Partnerschaft, Affäre, Midlife Crisis bis zur Liebe im Alter. Nicht immer sind Valerius und Fallwickl einer Meinung, doch auch ihre kleinen Meinungsverschiedenheiten garnieren sie mit viel Humor. So beim Thema „Erotik“: Zu Florian Valerius‘ Auswahl gehört „Salz auf unserer Haut“ von Benoîte Groult aus dem Jahr 1988. Er liest eine damals wohl mutig formulierte Beschreibung einer Verführung vor, die Mareike Fallwickl mit einem Augenzwinkern kommentiert und aus heutiger Sicht eher angestaubt findet.

Komödiantisches Highlight des Abends war sicher das mitgelauschte Telefongespräch aus Paul Bokowskis Alltagsszenen-Beschreibungen „Hauptsache nichts mit Menschen“. Fallwickl und Valerius lasen hier einen für die Lesebühne geschriebenen und wunderbar absurden Dialog zwischen einem Mitarbeiter der Deutschen Bank und einer Event-Organisatorin. Ausführlich geplant wird ein „Selbsterfahrungs-Aufenthalt in einer 64 Quadratmeter großen Unterschichtwohnung“ für die oberste Riege der Bankmanager.

Als „Bonus-Track“ las Mareike Fallwickl dann auch ihrem zweiten Roman „Das Licht ist hier viel heller“. Für viele im Publikum ein besonderer Moment, denn die Autorin verabschiedete sich dabei von der literarischen Comedy und nahm ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mit in die Welt des gescheiterten Schriftstellers Maximilian Wenger. Wenger ist eine solch unsympathische Figur, dass selbst Mareike Fallwickl ihren eigenen Romanhelden und übergriffigen Egomanen nicht ausstehen kann. Als zweite Figur setzt sie deshalb dessen 17-Jährige Tochter Zoey dagegen. Diese beobachtet mit recht wenig Mitgefühl den Niedergang ihres Vaters, der seit der Trennung von seiner Frau in einer verwahrlosten Mietswohnung vor sich hin schmollt. Doch dann gibt es da Briefe, die an den Vormieter der Wohnung gerichtet sind – Briefe einer Frau, die eine Geschichte mit tiefen Gefühlen erzählen. Sowohl Vater als auch Tochter lesen heimlich diese nicht für sie bestimmten Briefe. Was passiert mit den beiden, wenn sie durch die Worte der Briefschreiberin von flüchtigem Glück und echtem Empfinden lesen?

Bildunterschrift: In der Stadt- und Schulbücherei wurde „Leseglück“ präsentiert. Foto: Babett Guthmann

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