Knowhow-Zentrum des Kesselbaus

Gunzenhausen (red). Der jüngste Unternehmensbesuch von Landrat Manuel Westphal führte zu einem Industrieunternehmen mit Tradition, denn die Firma Bosch Industriekessel GmbH hat eine Abordnung des Landratsamtes nach Gunzenhausen eingeladen. Während einer ausführlichen Werksbesichtigung und einem interessanten Gespräch stellte sich das Unternehmen vor.

In der Bevölkerung ist das Unternehmen weitläufig noch als „Loos“ bekannt, denn in diesem Namen liegt der Ursprung des heute weltweit agierenden Betriebs. Philipp Loos gründete im Jahr 1865 in der Pfalz die damalige Firma, die sich dann 1917 mit einem Produktionsstandort für Dreizugkessel in Gunzenhausen niederließ. Im Laufe der Jahre entwickelte sich das Geschäft prächtig, sodass nach mehreren Patentanmeldungen und einer Werksvergrößerung im Ortsteil Schlungenhof im Jahr 1964 der 30.000ste Kessel das Werk verließ. Ein weitreichender Schritt in der Geschichte der Firma Loos ereignete sich im neuen Jahrtausend, als diese im Jahr 2009 ein Tochterunternehmen der Bosch Thermotechnik GmbH wurde. In den kommenden Jahren wurde der Firmenauftritt komplett auf Bosch umgestellt und die Produkte fortan von der Bosch Industriekessel GmbH hergestellt und verkauft.

Empfangen wurde der Landrat vom neuen Werksleiter Thomas Lohse und Personalleiter Wolfgang Pendelin an den Toren des Schlungenhofer Werks, von wo aus die Führung durch die großräumigen Produktionshallen startete. In deren Verlauf erläuterte Christian Loschmidt, Leiter technischer Funktionen bei Bosch Industriekessel, in anschaulicher Darstellung den Werdegang eines Blechs bis zum fertigen Kessel.

Diese bis zu zwölf Tonnen schweren Bleche werden von extern zugekauft und dann anschließend von einer Plasmaschneidanlage bearbeitet. Die verschiedenen technisch notwendigen Öffnungen werden so per Schmelzschneideverfahren in das Material geschnitten und für den nächsten Schritt vorbereitet. Damit aus dem horizontalen Blech ein Kessel wird, muss dieses in die entsprechende Form gebogen werden. Das übernimmt eine gigantische Walze, wobei die endgültige Form ein Zylinder ist. „Unsere Kessel sind alle als Zylinder angelegt, da die runde Form bei hohen Druck vorteilhaft ist“, erklärte Lohse diesen Sachverhalt.

Einer der wichtigsten Arbeitsschritte, die während der Produktion anfallen, ist das Schweißen. Da die größten Kessel einem Druck von bis zu 30 Bar aushalten müssen, müssen die Schweißnähte von höchster Präzision sein. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass diese Arbeit nur von ausgewiesenen Fachkräften erledigt wird, um so einen hohen Qualitätsstandard zu erreichen.

Um diese Qualität zu sichern, ist ebenfalls eine penible Endkontrolle nötig. Nachdem der Kesselkörper verschweißt und nachkalibriert wurde, steht die Prüfung im sogenannten Röntgenbunker an. „Jeder Kessel, der unser Werk verlässt, hat eine ausgiebige Prüfung der Schweißnähte per Röntgenmessung hinter sich“, betonte Lohse. Da der Toleranzrahmen im Millimeterbereich liegt, kann dieser Vorgang viel Zeit in Anspruch nehmen.

Insgesamt können für die Herstellung eines Großkessels, der bis zu acht Meter lang sein kann, durchaus sechs Wochen Arbeitszeit vergehen, denn nach der finalen Endmontage mit Flammrohren und weiteren Komponenten ist natürlich auch eine Druckprüfung nötig. Diese Prüfungen werden nicht nur intern durchgeführt, sondern müssen auch durch externe TÜV-Prüfer verifiziert und abgenommen werden.

Das besondere an den in Gunzenhausen gefertigten Kesseln ist, dass diese individuell nach Kundenwunsch hergestellt werden. Aus diesem Grund gibt es auch keine Lösungen „von der Stange“, sodass eine eigene Konstruktionsabteilung die jeweiligen Arbeitsschritte perfektioniert. Ein Ergebnis dieses Prozesses ist beispielsweise ein mobiler Schweißroboter, der nun einen schwierigen Arbeitsschritt vollautomatisch erledigt. Auch die Schaltschränke, die die technische Steuerung der Kesselsysteme beinhalten, werden eigens bei Bosch in Gunzenhausen gebaut. Allgemein liegt innerhalb der Bosch-Gruppe das Zentrum des Knowhows für den Kesselbau in Gunzenhausen, denn bis auf das Rohmaterial werden bis zum fertigen Endprodukt sämtliche Arbeitsschritte vor Ort erledigt.

Nach der beeindruckenden Betriebsbesichtigung stießen auch der Vertriebsleiter Thomas Haub sowie Entwicklungsleiter Paul Köberlein zu einer Gesprächsrunde dazu, um das Unternehmen tiefergehend vorzustellen. So erfuhren Landrat Manuel Westphal sowie die Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung, dass die Industriekessel von Bosch weltweit vertrieben werden und bei zahlreichen namhaften Kunden aus der Lebensmittel-, Pharma- oder Energieversorgerbranche eingesetzt werden. „Derzeit kümmern sich 616 Mitarbeiter und 31 Auszubildende darum, die Kundenwünsche bei der Produktion unserer Kessel bestmöglich umzusetzen“, erklärte Wolfgang Pendelin.

Da die Qualität mittlerweile auch bei den Wettbewerbern steigt – Bosch hat in Europa circa acht bis zehn Konkurrenten – zielt das Unternehmen noch mehr auf die Zufriedenheit der Kunden ab. „Durch unsere weltweit tätigen Servicetechniker vor Ort, die komplette Produktion aus einer Hand sowie die bestmögliche Betreuung unserer Kunden von der Projektierung bis zur Auslieferung haben wir einen klaren Wettbewerbsvorteil“, beurteilte Thomas Haub die aktuelle Marktsituation. Auch die Forschung an umweltfreundlichen Alternativen zur Gasbefeuerung soll das Unternehmen für die Zukunft rüsten.

Westphal zeigte sich von der Wandlungsfähigkeit des Produktionsbetriebs beeindruckt: „Es ist spannend zu sehen, wie auch in diesem Nischensegment laufend Prozesse modernisiert sowie neue Qualitätsstandards gesetzt werden. Dadurch werden langfristig Arbeitsplätze in unserer Region gesichert und junge Menschen hervorragend ausgebildet!“, lobte der Landrat die Verantwortlichen des Unternehmens.

Bildunterschrift: Wolfgang Pendelin, Sabine Unterlandstaettner, Landrat Manuel Westphal, Christian Loschmidt, Thomas Lohse (v.li.). Foto: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen 

 

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