Wie gravierend wirkt der Klimawandel sich auf die Zukunft unserer Wälder aus und was ist zu tun?
Gunzenhausen (red). Die Agenda 21-Gruppe beschäftigt sich seit fast zwei Jahren mit dem Thema Wald in Zeiten des Klimawandels. Im Zuge dessen hat sich die Gruppe um die Agenda-Beauftragte der Stadt Gunzenhausen Ingrid Pappler dazu entschlossen, selbst aktiv zu werden und ein kleines Zukunftswäldchen zu pflanzen. Doch welche Bäume und Sträucher haben eine Zukunft trotz Trockenheit, Temperaturanstieg und immer stärkeren Sturmereignissen? Antworten auf solche Fragen sollte eine Expertenrunde in der Stadthalle geben. Mit dabei: der Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Dr. Peter Pröbstle, Professor Dr. Erwin Hussendörfer von der Hochschule Weihenstephan Triesdorf und zugleich Vertreter der Kreisgruppe des Bund Naturschutz, der Vorsitzende der Forstbetriebsgemeinschaft Franken Süd Alfred Mader und Jürgen Schröder, Geschäftsführer der Firma Ecoline Holzsystembau.
In der Ausbildung der künftigen Forstwissenschaftlerinnen und Frostwissenschaftler legt Professor Dr. Erwin Hussendörfer großen Wert auf die naturgemäße Waldwirtschaft. Ein Naturwald mit hohem Totholz-Anteil sei zum einen weniger anfällig für die Wechselfälle im Klimawandel. Solch ein Wald mit einem sich überlassenen und alten Baumbestand habe sein eigenes Mikroklima – feuchter und kühler. Seine Überzeugung: Kurzfristiges ökonomisches Denken sei jetzt fehl am Platz, es brauche mehr Elemente europäischer Urwälder als Wirtschaftswald. Drei Prozent Naturwaldanteil in Deutschland seien da viel zu wenig.
Gleich bei seinem ersten Statement in der Expertenrunde machte Dr. Peter Pröbstle, dessen Landesanstalt unter anderem zum Thema „Waldumbau und Zukunftswald“ Forschung betreibt, seine konträre Haltung zu Hussendörfer deutlich: Sinnvolle Eingriffe in die Waldökologie sind für ihn notwendig. Er plädiert für eine Steuerung durch Pflanzungen hin zu klimaresistenten Wäldern. Dabei rückt der Hitze und Wärme gewohnte Baumbestand aus Wäldern in Südfrankreich, in Regionen in Rumänien und Bulgarien oder Teilen der Ukraine in den Fokus. Seine Prognose: Fichtenwälder wird es nicht mehr geben und damit der Wald trotz Trockenstress erhalten bleibt, müssen bislang nicht heimische Baumarten zusätzlich zur Pflanzung heimischer klimaresistenter Bäume wie Eichen, angesiedelt werden.
Alfred Mader hat als Leiter der Forstbetriebsgemeinschaft Franken Süd die wirtschaftlichen Argumente für einen aktiven Waldumbau im Blick. Aber auch er betont den Nachhaltigkeitsgedanken, der in der Forstwirtschaft eine lange Tradition hat. „Keiner studiert Forstwirtschaft deshalb, um dann mit der Spraydose im Wald herumzulaufen und Brennholz-Bäume zu markieren!“ Leider sei die Forstwirtschaft aktuell von Schadereignissen wie Schädlingsbefall, Ausfall durch Trockenheit und Stürme getrieben.
Moderatorin Ingrid Pappler wollte auch das Thema Holz als CO2-Speicher und die Nutzung von Holz als Baustoff in den Fokus rücken. Dazu saß Jürgen Schröder von der Firma Ecoline Holzsystembau auf dem Podium. Seine Firma mit Hauptsitz in Haar bei München und einer Niederlassung in Gunzenhausen achtet beim Massivholzbau und beim Holzstrukturbau auf die Wiederverwertbarkeit der Materialien, es wird kein Styropor oder Plastik verbaut. Das Holz dazu kommt aus zertifizierten Forstbetrieben, die eine nachhaltige Waldbewirtschaftung betreiben – und es kommt möglichst aus Bayern. Dem Bauen mit ökologischem Weitblick gehört seiner Ansicht nach die Zukunft. Bei der Qualität sollten da keine Abstriche gemacht werden, der Trend gehe wohl eher dahin, die Häuser künftig wieder etwas kleiner zu planen.
Moderatorin Ingrid Pappler hatte wenig Mühe, die Debatte auf der Bühne der Stadthalle in Gang zu halten. Deutlich kristallisierten sich die konträren Positionen von Professor Dr. Erwin Hussendörfer und Dr. Peter Pröbstle heraus. Hussendörfer möchte den Wald als Ökosystem mit all seinen Arten respektieren und europäische Urwälder als vorbildhaft betrachten. Pröbstle meint, dazu fehle die Zeit und der Wald müsse so schnell wie möglich umgestaltet werden, um mit dem fortschreitenden Klimawandel Schritt halten zu können.
Am Ende stellte Ingrid Pappler noch die Planungen für das kleine Zukunftswäldchen vor. Dazu hatte sich die Agenda 21-Gruppe den Gräfensteinberger Revierförster Bernhard Leidel ins Boot geholt und auch Bürgermeister Karl-Heinz Fitz sowie das städtische Bauamt mit Christina Bickel von der Liegenschaftsverwaltung um Unterstützung gebeten. Bei der Grundstückssuche fündig wurde man – in Absprache mit Ortssprecherin Beate Schlicker – schließlich in Filchenhard.
Ein etwa 0,5 Hektar großes Grundstück am Waldrand des Hollerwaldes soll nach Bernhard Leidels Pflanzplan mit rund 2000 Bäumen und Sträuchern bepflanzt werden. Dabei soll ein Strauchsaum als Waldrand entstehen, weiter werden dort Wildapfel, Wildbirne, Vogelkirsche, Walnuss, Kastanie, Feldahorn, Elsbeere und Winterlinde gedeihen. Das Sagen wird in diesem kleinen Wäldchen aber die Stieleiche haben. Damit der Start für die Bäumchen gut klappt, sollen möglichst gebietseigene Pflanzen eingesetzt werden. Der bereits bestehende Bestand an Weiden entlang eines kleinen Grabens bleibt.
Ziel der Agenda- 21-Gruppe ist es, möglichst viele Interessierte für die Pflanz- und Pflegeaktionen zu gewinnen. Am Rande der Zukunftswald-Veranstaltung haben sich bereits Interessenten eingetragen, die über den Fortgang der Planungen und Pflanztermine informiert werden möchten. Wer über Aktionen der in Sachen „Gunzenhäuser Zukunftswäldchen“ informiert werden möchte, kann unter agenda21@gunzenhausen.de Kontakt zu Ingrid Pappler aufnehmen.
Bildunterschrift: Große Bühne für die Zukunft des Waldes: (v.l.). Der Vorsitzende der Forstbetriebsgemeinschaft Franken Süd Alfred Mader, dann der Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Dr. Peter Pröbstle, Bürgermeister Karl-Heinz Fitz, Moderatorin und Agenda 21-Beauftragte der Stadt Ingrid Pappler, Professor Dr. Erwin Hussendörfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und der Geschäftsführer der Firma Ecoline – Holzsystembau, Jürgen Schröder.) Foto: Babett Guthmann