6. Literarischer Spaziergang durch Gunzenhausen

Gunzenhausen (red). Ist es Ihnen aufgefallen? Ein buntes Treiben herrschte im Gunzenhäuser Bahnhofsviertel kürzlich, denn alle halbe Stunde tauchte ein Trupp gut gelaunter Menschen auf, spazierte kurz über den Asphalt und verschwand wieder. Was war passiert? Die Kulturmacherei Gunzenhausen e.V. lud zu ihrem beliebten Literarischen Spaziergang durch die Altmühlstadt ein. Diesmal hatte sich das Orga-Team den Bereich um den Bahnhof für die kostenlose Lesereise ausgesucht. Das
Beste: Der Literarische Spaziergang ist nicht nur was für Literaturwissenschaftler oder Germanisten, sondern richtet sich an Kulturbegeisterte, die gerne Geschichten hören und ein paar schöne Momente mit Gleichgesinnten erleben wollen. Klein und Groß, Jung und Alt ist willkommen und kann gerne mit auf die literarische Reise gehen.

Organisatorin Ulrike Fischer freute sich über ein abwechslungsreich-buntes Fest der Worte und hatte dazu mehrere, nicht-alltägliche Stationen ausgewählt. Gelesen wurden 20-minütige Kurzgeschichten und Auszüge aus Büchern, fünfmal an fünf verschiedenen Orten. Ohne festgelegten Weg und Programm konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an jeder Station den Spaziergang beginnen und während der Veranstaltung entscheiden, welchen Platz sie als nächstes besuchen wollen.

In den Übungsräumen des Tanzhauses ließ Christine Höller die Zuhörerinnen und Zuhörer in die literarische Welt des Sports und des Tanzes eintauchen. Sie las u.a. eine humorvolle Geschichte aus Mark Spörrles Textsammlung „Ist der Herd wirklich aus?“ vor. Darin geht es um einen Möchtegernsportler, eine Läuferkarriere vortäuscht. Die zweite Geschichte stammte von Nils Mohl. Sein Text „Tanzen gehen“ thematisiert die sprachlose Beziehung eines älteren Ehepaars, die durch gemeinsamen Tanz wieder aufeinander zugehen können.

Die zweite Lesestation befand sich an einem eher ungewöhnlichen Ort, nämlich in einem abgestellten Stadtbus vor dem Bahnhofsgebäude. Marvin Hofer las dort eine kurze, spannende Jugendgeschichte um die amerikanische Bürgerrechtlerin Rosa Parks vor. In „Der Bus von Rosa Parks“ von Fabrizio Silei erzählt ein Großvater seinem Neffen von Rassentrennung, Mut und Zivilcourage. Und von einer starken Frau, die gesellschaftliche Grenzen überwinden konnte.

Kerstin Zels begrüßte Literaturfreunde im Foyer des Freizeitbads Juramare, stilecht mit aufgeblasener Schwimmfigur „Flamingo“ auf dem Tisch. Ihr Buch-Tipp: „Warum wir schwimmen“ von Bonnie Tsui. Deren sympathische Hymne auf das Kalte Nass ist humorvoll und philosophisch angehaucht. Schwimmen ist nicht nur Sport, sondern kann Geschichte, Heilung, Sucht oder Freude sein.

In der architektonisch beeindruckenden ehemaligen Güterhalle, jetzt Planungsbüro Hochreiter-Lechner, wartete Kristy Husz auf neugierige Bücherfreunde. Die gebürtige Ungarin hatte sich den Literaturklassiker „Ich denke oft an Piroschka“ von Hugo Hartung ausgewählt. Die toll vorgetragenen Zugszene inklusive regionaler Tonalität begeisterte als kleine Gesellschaftsmodellstudie und als anekdotenreiche Gesprächssammlung.

Im leicht unheimlichen, ganz in blau beleuchtetem Tunnel an der Ecke Bahnhofsplatz/Zufuhrstraße las Wolfgang Eckerlein Friedrich Dürrenmatts surreale Kurzgeschichte „Der Tunnel“ vor. In einem vor sich hin rasenden Zug blickt ein 24-jähriger Mann dem Tod ins Auge, gestellt werden wichtige Fragen um die Themen Glaube, Leben und menschliche Existenz.

Der Literarische Spaziergang war leider viel zu schnell vorbei und schon jetzt freut sich die Kulturmacherei Gunzenhausen e.V. auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr. Wer Näheres über den Gunzenhäuser Verein wissen möchte, der sich nebenbei auch immer über neue Mitglieder freut, für den ist die Internetseite www.diekulturmacherei.de erste Anlaufstelle.

Bildunterschrift: Wolfgang Eckerlein Friedrich las Dürrenmatts surreale Kurzgeschichte „Der Tunnel“ vor. Foto: Stadt Gunzenhausen/ Kulturmacherei

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