Kirchenvorsteherabend in Weißenburg zur Aufgabe der Kirche

Weißenburg (red). Welche Aufgabe hat die Kirche und Gemeinde in der Zukunft und welchen wichtigen Beitrag kann sie vor Ort für das Gemeinsame auch in Zukunft leisten? Im gut gefüllten Saal des Gemeindehauses Andreas in Weißenburg kamen Kirchenvorstände aus dem Evang.-Luth. Dekanat Weißenburg mit Prof. Dr. Reiner Anselm über diese Fragen ins Gespräch. Reiner Anselm ist Inhaber des Lehrstuhles für Systematische Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilian-Universität München.

Dekanin Ingrid Gottwald-Weber hatte unter Moderation des Evang. Bildungswerkes Jura-Altmühltal-Hahnenkamm durch die pädagogische Kraft Diakonin Marina Müller zu diesem Abend eingeladen. Krisen gab es schon immer, so Anselm und jede Zeit hätte ihre Krise gehabt, die sie für die größte hielt, die es je gab. Aus dieser Einsicht schütze vor panischem Aktivismus und mahne, zunächst die Signatur der vielfältigen Krisenerfahrungen der Gegenwart präziser zu erfassen. Umwelt- und Klimakrise, Krise der Demokratie, der internationalen Ordnung und auch der Kirche lassen sich gemeinsam als Kehrseite der Individualisierung beschreiben. Individualisierung bedeutet, dass der Lebensentwurf zur Entscheidung jedes und jeder Einzelnen wird. Die besondere Herausforderung der Gegenwart besteht darin, dass die Krisen, die aus der Erfolgsgeschichte persönlicher Freiheit entstehen, nur gemeinsam gelöst werden können.

Christoph Möllers:

Anselm zitierte den Rechtswissenschaftler Christoph Möllers, der darauf hinwies, dass Demokratie Räume gesellschaftlicher Allgemeinheit braucht. Homogene Gruppen neigen dazu sich zu radikalisieren, weil sie keine Kritik mehr erfahren und sie entwöhnen sich von der Vielfalt an Möglichkeiten wie Menschen leben können. Die Anerkennung des anderen ist immer gefährdet, wenn der Umgang miteinander sich auf bestimmt Gruppenzugehörigkeit bezieht. Es brauche öffentliche Schulen, Fußballplätze, Kirchen, Volksparteien, die z.B. nicht nur aus Akademikern, Bauern und Ökologen und Vertretern von Einzelinteressen bestehe.

Kirche und Gemeinde sind und bleiben ein notwendiger Ort gesellschaftlicher Allgemeinheit, so Anselm. Weiter orientiere Kirche und Gemeinde sich an einer Botschaft, so Anselm, die für die Krisenfestigkeit, für die gegenseitige Akzeptanz und für das Aushalten von Differenzen in einer Gesellschaft unverzichtbar ist.

Sich mit dem Gegebenen nicht abfinden, nicht nur die eigene Perspektive sehen, sondern das Allgemeine in den Blick zu nehmen, Zuspruch spüren und vermitteln, dass es möglich ist Neues zu gestalten, – darin liege der Beitrag des christlichen Glaubens für die Bewältigung von Krisenerfahrungen.

Ideen können nur wirksam werden, indem sie durch Institutionen bewahrt, vermittelt und in Praktiken eingeübt werden, doch sie dürfen nicht erstarren und müssen immer wieder durch den Kern des Evangeliums aufgebrochen werden. Die Kirchen sind Institutionen, in denen die Ideen des christlichen Glaubens bewahrt, die Orte, an denen die Praktiken, in denen der Glaube konkret wird, eingeübt werden. Wie jeder Fußballverein Platz und Raum brauche, um Fußball spielen zu können, brauche auch der Glaube Orte und Räume für das Einüben. Oftmals, so Anselm seien allerdings Zäune um diese Institutionen und Orte sehr hoch, so dass kaum jemand mehr hinein kommen könne, doch unten so weit weg vom Boden, das jeder rauskommen kann.

In einer Gesprächsphase trugen die Kirchenvorstände zusammen, wo Kirche Ihrer Aufgabe und ihrer Botschaft gerecht werde und Räume und Werte für die Allgemeinheit bewahre. Erstaunlich, welche Fülle zusammengetragen wurde: Nächstenliebe, Seelsorge, Feste und Traditionen, Begegnungen, Vielfalt, Toleranz, gute Botschaft, Kirchenmusik, Kinder-Jugendarbeit, Kasualien, Geborgenheit, Kirche ist für alle da, Gemeinschaft, Ausstellungen in der Kirche, offenes Gemeindehaus, den guten Geist, der weht, stille Teilhabe ist möglich, Besuchsdienste, Kirchenkaffee, fröhliche Gottesdienste, Gottesdienste, offene Kirchentüren, Kreise, Gruppen, dazu gehören. Wichtig war den Kirchenvorständen auch, dass Kirche für die ganze Gesellschaft da sei und nicht nur für ihre Mitglieder.

Professor Anselm war beeindruckt über den gelungenen und bereichernden Kontakt der Basis zur Reflexionsebene der Universität und Lehre. All das, was er an diesem Abend gehört hatte wolle er gleich in seine Vorlesungen einbauen.

Foto: Evang.-Luth. Dekanat Weißenburg

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